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24-Stunden-Shopping-Fanatiker schalten einen Gang höher

Nach dem Ja zum Arbeitsgesetz

 

(SGB) Nachdem am letzten Wochenende die Stimmberechtigten der Ausweitung der Nacht- und Sonntagsarbeit in Tankstellenshops zugestimmt haben, machen die 24-Stunden-Shopping-Fanatiker nun Tempo. Drei Tage nach der Volksabstimmung sind im Nationalrat alle Dämme gebrochen: Die grosse Kammer fordert eine massive Ausweitung des Sonntagsverkaufs.

Rascher und eindeutiger hätte die bürgerliche Nationalratsmehrheit unsere Dammbruch-These fast nicht bestätigen können. Nur gerade etwas über 72 Stunden nach der Abstimmung hat der Nationalrat bei der Ausweitung der Ladenöffnungszeiten die nächste Runde eingeläutet. Mit 105 zu 67 Stimmen hiess die Grosse Kammer die Motion von CVP-Nationalrat Yannick Buttet gut. Die Forderung: Das im Arbeitsgesetz zum Schutz der Arbeitnehmenden verankerte Sonntagsarbeitsverbot soll für kleine Läden in Randregionen aufgehoben werden.

Alle Behauptungen der Deregulierer aus dem Abstimmungskampf, eine Salamitaktik werde nicht verfolgt, erweisen sich damit als freche Lüge, um die liberalisierungskritische Stimmbevölkerung zu beruhigen. Allein der hohe Nein-Anteil von 44 Prozent zur Tankstellenvorlage, bei der es laut Befürwortern ja „bloss um eine Bagatelle“ oder eine „Detailfrage“ ging, zeigt wie kritisch Ausweitungen von Ladenöffnungszeiten beurteilt werden. Interessant dabei auch: gerade im Heimatkanton von Motionär Buttet, wurde die Tankstellenvorlage mit 57 Prozent abgelehnt.

Die weit verbreitete Kritik an längeren Öffnungszeiten, die sich auch in zahlreichen kantonalen Abstimmungen ausdrückte, hat das Parlament in den letzten Monaten wiederholt in den Wind geschlagen. Zunächst kommt nun vor allem das Sonntagsverkaufsverbot unter Druck. Schon bald wird der Bundesrat eine Verordnungsänderung vorlegen, die eine starke Ausweitung der Sonntagsverkäufe in touristischen Gebieten bringen wird. Das Volk darf sich dazu nicht äussern, da die Änderung über den Verordnungsweg beschlossen werden darf. Die Beteuerung von Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann, dass der Bundesrat nicht am Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot rütteln wolle, wird dabei wenn nicht als Lüge so doch zumindest als Schlaumeierei entlarvt: Schneider-Ammann wird sich hinter dem Parlament verstecken, das ihn über die Motion Abate zu der Verordnungsänderung gezwungen hat.

Mit der Motion Buttet befinden sich nun bereits vier Vorlagen zur Ausweitung der Ladenöffnungszeiten in der Pipeline. Das Unbehagen in der Bevölkerung gegen weitere Schritte hin zum 24-Stunden-Arbeitstag ist jedoch gross. Und auch in den Kantonen dürften die wiederholten Eingriffe in ihre Hoheit über die Ladenöffnungszeiten auf Widerstand stossen. Es wird sich weisen, ob es den 24-Stunden-Shopping-Fanatikern ein weiteres Mal gelingt, die Stimmberechtigten einzulullen und dazu zu bringen, einer Ausweitung der gesundheitsschädlichen und familienunfreundlichen Abend-, Nacht- und Sonntagsarbeit zuzustimmen. 

 

Thomas Zimmermann, SGB

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