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AHVplus – ein Muss

Die AHV ist als Sozialwerk einzigartig und hat internatio­nalen Vorzeigecharakter. Sie ist ein Bollwerk des sozialen Zusammenhalts in der Schweiz. Aber die AHV ist in die Jahre gekommen: Sie bedarf dringend einer Modernisierung und muss vor der ­neoliberalen Gier geschützt werden. Alter darf in der Schweiz kein Armutsrisiko mehr sein. 

 

Die RentnerInnenkommission des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds SGB hat sich schon immer stark gemacht für eine Aufwertung unserer AHV. So machte sie Vorstösse in Richtung 13. AHV-Rente und bessere Anbindung der Renten an die Teuerung und Lohnentwicklung – und zur Unterstützung von «AHVplus». Für einen nicht unwesentlichen Anteil der Rentnerinnen und Rentner ist eine aufgewertete AHV-Rente längst fällig und schlicht eine Notwendigkeit. Die soziale Ungleichheit im Alter ist in der Schweiz besonders ausgeprägt.

Wie unlängst eine OECD-Studie aufzeigte, liegt der Armuts­anteil der schweizerischen Altersbevölkerung mit rund 18% deutlich über dem OECD-Durchschnitt. Ein gutes Drittel der Pensionierten in der Schweiz lebt nur von der AHV-Rente, die selbst bei maximaler Höhe nicht existenzsichernd ist. Nur durch Ergänzungsleistungen und andere Zusatzleistungen kann das Existenzminimum erreicht werden, was bedeutet, dass sich ­diese Menschen nur das Allernötigste an Kleidern, Nahrung und Unterkunft leisten können. Eine zusätzliche bittere Pille, welche diese RentnerInnen zu schlucken haben, ist die Gefahr der Ausgrenzung, weil sie sich den in der Schweiz üblichen Lebensstil nicht mehr leisten können. Die Falschinformationen, die der Bevölkerung von bürgerlicher Seite über serbelnde Bundesfinanzen oder über die angeblich auf der finanziellen Intensivstation liegende AHV aufgetischt werden, haben System: Dem Volk wird gezielt der Impfstoff «Verunsicherung und Angst» verabreicht, um damit gleichsam das Abwehr- und Immunsystem gegen sozialen Abbau zu schwächen und den Boden für Steuererleichterungen zugunsten einer sonst schon überprivilegierten Bevölkerungsschicht zu ebnen.

Es passt genau ins Bild dieser Profitvermehrungs-Maschinisten, wenn der oberste Boss von Swiss Life fordert, das Rentenalter um fünf Jahre hinaufzusetze, um die 2. Säule zu sanieren.

Dabei hat er wohl eher an die saftigen Gewinne gedacht, die den Lebensversicherern mit dem Pensionskassengeschäft automatisch zufliessen. Seit Mitte der Neunzigerjahre schreitet eine neoliberal geprägte Umverteilung von unten nach oben vor­an, und dies in beängstigendem Umfang. Während immer mehr Arbeitnehmende dem Armutsrisiko ausgesetzt sind, werden den Reichsten in unserem Lande Steuergeschenke in Milliar­denhöhe gemacht; die Schere öffnet sich immer mehr zugunsten einer kleinen Oberschicht.

Die Deregulierungstorpedos haben im Übrigen auch die Gesamtarbeitsverträge und damit die Sozialpartnerschaft ins Visier genommen. Nach und nach wurden viele, wenn nicht die meisten Gesamtarbeitsverträge materiell ausgehöhlt. Seitens der Unternehmerschaft werden bindende Vorschriften der GAVs und sogar der Arbeitsgesetzgebung ungeahndet umgangen. Dieser Wildwuchs kann dazu führen, dass die hoch gelobte Sozialpartnerschaft bald zu einer Farce verkommt.

Um die Raffgier hemmungsloser Manager und Aktienbesitzer zu befriedigen, wurden und werden auch in Zukunft Tausende von Stellen sowohl im privaten wie im öffentlichen Bereich gestrichen. Damit der von oben aufgezwungene Klassenkampf gestoppt werden kann, braucht es die gebündelte Kraft des gewerkschaftlichen Kollektivs, verbunden mit dem unüberhörbaren Ruf der Strasse! Das in der Bundesverfassung verankerte Leistungsziel sagt aus, dass ältere Menschen nach Ablauf ihres aktiven Berufslebens «ihr gewohntes Leben in angemessener Weise» weiterführen können sollen. Für viele Pensionierte mit einem tiefen bis mittleren Erwerbseinkommen bleibt die Erfüllung dieses Verfassungsartikels eine Illusion. Denn wer beispielsweise in seinem Berufsleben 5000 Franken verdiente, erreicht im besten Fall aus der ersten und zweiten Säule eine Ersatzquote von 60 Prozent seines letzten Erwerbseinkommens, also magere 3000 Franken!

Notwendig und machbar

Mit der Volksinitiative AHVplus wird die Verbesserung aller AHV-Altersrenten um ­linear 10 Prozent verlangt. Damit erhöht sich für die überwiegende Mehrheit die AHV-Rente um rund 200 Franken pro Monat. Für Ehepaare sind es rund 350 Franken pro Monat. AHVplus lässt sich einfach umsetzen, weil das AHV-System nicht umgebaut, sondern ausgebaut wird.

Die Erhöhung der AHV-Renten wird einen Mehrbedarf von 3,6 Milliarden Franken nach sich ziehen. Die Annahme der Erbschaftssteuer-Initiative würde Zusatzeinnahmen in der Höhe von gut 2 Milliarden Franken zugunsten der AHV bringen.

Sollte die Finanzierung über Lohnprozente erfolgen, müssten diese für Arbeitgeber und Arbeitnehmende um je 0,55 Prozent angehoben werden. Da die Lohnbeiträge für die AHV seit 40 Jahren unverändert sind, wäre dies eine zumutbare Erhöhung. Zusatzfinanzierungen könnten auch bei einem Zurückziehen der Unternehmenssteuerreform 2 und einer Rückzahlung der 15 Milliarden Franken, die die AHV zur Finanzierung der IV beigesteuert hat, generiert werden.

Der Fahrplan der Initiative sieht vor, mit der Unterschriftensammlung im Frühjahr zu beginnen. Im Sommer soll die Volksinitiative mit weit über 100 000 Unterschriften eingereicht werden. Um dieses hochgesteckte Ziel in der kurzen Zeit zu erreichen, ist insbesondere das Engagement der gewerkschaftlichen RentnerInnen-Organisationen gefragt. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben klar gezeigt, dass die pensionierten GewerkschaftskollegInnen beim Sammeln von Unterschriften immer erfolgreich waren. Die nötigen Unterlagen, zusammen mit aussagekräftigem Propagandamaterial sowie einem Argumentarium, werden in nächster Zeit vom SGB zur Verfügung gestellt.

* Heinz Thommen ist Vorstandsmitglied IG Pensionierte und syndicom-Vertreter in der RentnerInnenkommission des SGB.

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