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Art. 293 StGB: Ein alter Zopf!

Der mit «Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen» überschriebene Artikel 293 des Strafgesetzbuches (StGB) lautet heute wie folgt: «Wer, ohne dazu berechtigt zu sein, aus Akten, Verhandlungen oder Untersuchungen einer Behörde, die durch Gesetz oder durch Beschluss der Behörde im Rahmen ihrer Befugnis als geheim erklärt worden sind, etwas an die Öffentlichkeit bringt, wird mit Busse bestraft.»

 

Als Gewerkschaft der Medienschaffenden haben wir uns seit Jahren dafür ausgesprochen, den Artikel 293 StGB ersatzlos zu streichen. Es handelt sich um einen alten Zopf, der den gesellschaftlichen und politischen Mentalitätswandel im Umgang mit amtlichen Geheimnissen und mit dem Staat missachtet und im Geiste des kalten Krieges stecken geblieben ist. Spätestens seit der Einführung des Öffentlichkeitsgesetzes (Bundesgesetzes über Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung) im Jahr 2004 wurde auch in der Verwaltung ein Paradigmenwechsel eingesetzt, weg von der alten Geheimniskultur hin zum Öffentlichkeitsprinzip.

 

Eine Mehrheit der Kommission für Rechtsfragen möchte die alte Bestimmung aber beibehalten, weil sie dem "Schutz des Meinungsbildungsprozesses der Behörden" diene. Man weiss inzwischen aber auch, dass sie längst mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Einklang gebracht werden müsste. Darum schlägt man vor, dass den Gerichtsbehörden ermöglicht wird, das Geheimhaltungsinteresse und die Interessen, welche eine Information der Öffentlichkeit gebieten, gegeneinander abzuwägen. Diesem Gedanken können wir nicht folgen.

Klarheit und Öffentlichkeit schaffen

Die jetzt vorgeschlagene Änderung des Artikels bleibt auf halbem Weg stecken und verlagert die Problematik an die Gerichte, welche im Einzelfall schwierige Rechtsgüterabwägungen machen sollen. Dies wird der Rechtssicherheit kaum genügend Rechnung tragen. Deshalb unterstützen wir die Position der Kommissionsminderheit, welche den Artikel, wie bereits die Parlamentarische Initiative und in früheren Jahren der Bundesrat festhielten, ganz abschaffen möchte.

 

Die Stellungnahmen der Gewerkschaften und JournalistInnenverbände in der Vernehmlassung zum Bericht und Vorentwurf der NR-Kommission für Rechtsfragen vom 13. November 2014 (Parl. Initiative 11.489, Aufhebung von Artikel 293 StGB):

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