Auch Konzerne sollen Steuern zahlen
Mit milliardenschweren neuen Privilegien für internationale Firmen und Finanzgesellschaften – als Kompensation für den verblichenen «besonderen Steuerstatus» – ist das bürgerliche Parlament zu weit gegangen. SP, Grüne und Gewerkschaftsbund ergreifen das Referendum, syndicom ist dabei.
Ursprünglich war das Ziel der jetzt im Parlament verabschiedeten Unternehmenssteuerreform III (USR III), dass die Schweiz – auf Druck der OECD – ungerechtfertigte Steuerprivilegien für die 24 000 ausländischen Unternehmen und Finanzgesellschaften abschafft. Der SGB hat das erst unterstützt. Doch die rechtsbürgerlichen Kräfte missbrauchen jetzt die Reform, um den Konzernen und ihren Aktionären neue, weitergehende Ausnahmerechte zu gewähren.
Ein Weihnachts-Katalog
Der «Courrier» nennt die USR III «einen Weihnachts-Katalog für Grossunternehmen mit dem Versprechen erneuter Geschenke zu Ostern!» Als vorauseilende Kompensation für die Abschaffung eines grossen Steuerprivilegs führt das Parlament eine Reihe neuer Privilegien ein: wie die «Patentbox» zur verminderten Gewinnsteuer auf Patenterträgen. Oder die Möglichkeit, mehr als 100% der Kosten für Forschung und Entwicklung in Anschlag zu bringen – sogar wenn das Geld nicht einmal in der Schweiz ausgegeben wurde. Oder: Investoren dürfen fiktive «entgangene Zinsen» angeben – falls sie nicht investiert, sondern doch lieber spekuliert hätten.
Science-Fiction
«Alte Steuertricks wurden durch neue ersetzt. Sie haben Abzüge von fiktiven Kosten ins Gesetz aufgenommen, die an Science-Fiction erinnern», kritisiert Roger Nordmann, Präsident der SP-Fraktion, die bürgerlichen Parteien. Er schätzt die Steuerausfälle auf mindestens 2,5 Milliarden.
1 Milliarde für Steuersenkungen
Diese grosse Steuerwende führt zu einem weiteren, flächendeckenden Senkungswettlauf bei den Unternehmenssteuern. Der Bund wird diesen Steuersenkungswettlauf anheizen, indem er den Kantonen mehr als eine Milliarde für Steuersenkungen überweist. Da diese Steuergeschenke kompensiert werden müssen, droht der Kahlschlag erneut dem Service public. Mit dem Referendum gegen die USR III können nicht nur die öffentlichen Kassen und damit Dienstleistungen für die Allgemeinheit und Sozialleistungen gerettet werden.
Für die Zivilgesellschaft
Es handelt sich auch um eine gesellschaftliche Entscheidung für die Schweiz. Die SP, die Grünen und der SGB ergreifen das Referendum gegen diese dritte Unternehmenssteuerreform, die am 17. Juni in der Schlussabstimmung verabschiedet wurde. Auch syndicom unterstützt das Referendum. Economiesuisse sowie die Mitte- und Rechtsparteien unterstützen die Revision – wenig überraschend. Schlechte Nachrichten für die Referendumsführer: Zwar sind die Städte und Gemeinden noch unsicher über die Folgen der Reform. Die Kantone aber, denen verschiedene Kompensationsmassnahmen eingeräumt worden sind, werden das Referendum nicht unterstützen.
Die Referendumsfrist beginnt mit der Veröffentlichung im Bundesblatt am 28. Juni und läuft bis Anfang Oktober. Die Abstimmung wird Anfang 2017 stattfinden. Ein Unterschriftenbogen liegt dieser Zeitung bei.
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