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Auf dem Weg zum GAV 2015

Neue Rechtsform, neue Konzernstrukturen, neue Namen: Bei der Post ist alles im Fluss. Worauf können sich die Angestellten verlassen, bis 2015 der neue Gesamtarbeitsvertrag (GAV) in Kraft treten kann? Im zweiten Teil der Artikelserie zum Umbau des Postkonzerns beleuchtet «syndicom» die sogenannte Übergangsordnung. 

Im Lauf dieses Jahres wird die Post zur Aktiengesellschaft umgewandelt und in eine Holding mit eigenständigen Tochtergesellschaften umgebaut. Was bedeutet dieser Einschnitt für die Mitarbeitenden der Post? Diese Frage beschäftigte syndicom das ganze letzte Jahr über. Und es gibt noch mehr Ungewissheit – die neue Postgesetzgebung sieht eine zweite Veränderung mit grosser Tragweite vor: Die Anstellungsbedingungen bei der Post unterstehen nicht mehr dem öffentlichen Recht. Neu soll das Privatrecht Gültigkeit haben, das Bundespersonalgesetz wird durch das Obligationenrecht abgelöst. Für bestehende Anstellungsverhältnisse gilt eine zweijährige Übergangsfrist. Diese Übergangsfrist entspricht der Frist, in welcher der neue Gesamtarbeitsvertrag ausgehandelt werden muss. Bis der neue GAV – der GAV 2015 – in Kraft tritt, muss geregelt werden, was in der Zwischenzeit gelten soll: Post und syndicom ­mussten sich auf eine Übergangsordnung einigen.

Wäre diese Einigung zwischen den Sozialpartnern nicht zustande gekommen, hätte dieselbe Regel zur Anwendung gelangen müssen, die bei der Auslagerung der Postautodienste in die PostAuto AG vereinbart worden war: Weil der GAV Post nur Gültigkeit für das Stammhaus hat, wird der GAV Post durch den GAV für Konzerngesellschaften (KG) ersetzt.

Der Gesamtarbeitsvertrag Post wäre also praktisch bedeutungslos geworden, und das Personal der neuen Posttöchter – der Post CH AG und der PostFinance AG – wäre neu dem GAV Konzerngesellschaften unterstellt worden.

Dies hätte weitreichende Konsequenzen für die kommenden Verhandlungen gehabt: der GAV Post mit seinen Errungenschaften beim Kündigungsschutz wäre als Verhandlungsgrundlage weggefallen.

Erfolg von syndicom

syndicom hat sich aber in den Verhandlungen zur Übergangsordnung erfolgreich durchgesetzt und den GAV Post verteidigt: Der GAV Post gilt daher auch für die neuen Tochtergesellschaften Post CH AG und PostFinance AG. Sein Geltungsbereich wird entsprechend erweitert.

Der Gesamtarbeitsvertrag Post läuft unverändert und ungekündigt weiter. Er verliert seine Gültigkeit erst, wenn er durch den GAV 2015 abgelöst wird oder falls er von einer Seite gekündigt werden sollte. Für die kommende GAV-Verhandlung behält syndicom alle Trümpfe in der Hand. Und weil der GAV Post bereits jetzt für mehrere Tochtergesellschaften gilt, sind die Weichen in Richtung auf das grosse Ziel von syndicom gestellt: Alles Gelbe unter einem Dach!

Was bleibt gleich? Und Was ändert?

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von PostMail, PostLogistics, Poststellen und Verkauf und PostFinance ändert sich im praktischen Alltag nichts. Einzig der Name der Arbeitgeberin wird im Laufe des Jahres ein anderer: Arbeitgeberin ist dann nicht mehr die Schweizerische Post, sondern die Post CH AG bzw. die PostFinance AG. Änderungskündigungen wird es nicht geben. Für die Mitarbeitenden bedeutet dies, dass ihre Einzelarbeitsverträge unverändert weitergeführt werden. Es gibt keine Eingriffe, weder bei den Arbeitszeiten noch beim Lohn.

Die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des Bundespersonalgesetzes gelten in den nächsten zwei Jahren weiterhin fort, und so lange gilt auch noch das Arbeitszeitgesetz. Das Einzige, das sich ändert, ist das Rechtsverhältnis: Weil die neuen Posttöchter von Gesetzes wegen privatrechtlicher Natur sind, kann bei Streitigkeiten kein Verwaltungsverfahren eingeleitet, sondern es muss ein Zivilgericht angerufen werden.

Damit aber allfällige Streitigkeiten einfach und rasch erledigt werden können, haben die Sozialpartner vereinbart, dass sich der oder die Angestellte vor dem Gang vor Gericht an eine interne paritätische Schlichtungsstelle wenden kann. Diese Schlichtungsstelle ersetzt aus prozessualen Gründen die bisherigen Paritätischen Vermittlungsstellen (PVS).

Keine Auswirkung hat die Übergangsordnung auf PostAuto. Für das Fahrpersonal bleibt alles beim Alten: Der GAV KG wird bis zum Inkrafttreten des GAV 2015 seine Gültigkeit behalten, und als konzessioniertes Transportunternehmen wird PostAuto weiterhin dem Arbeitszeitgesetz unterstehen.

Ängste werden wach

Besteht die Gefahr, dass die Post die Auslagerungspolitik weitertreibt und so die Vereinbarung zur Übergangsordnung untergräbt? syndicom ist diesbezüglich ein gebranntes Kind. Wir erinnern uns: Kaum war der Gesamtarbeitsvertrag 2002 unter Dach und Fach, begann die Post mit ihrer Auslagerungspolitik und entzog ganze Personalkategorien dem GAV. Zuerst kam der Wertsachentransport, danach die Kurier- und Expressdienste, dann die Postautodienste und schliesslich der Gebäudeunterhalt.

Einer weiteren Zerstückelung des Vertragsrechts ist ein doppelter Riegel geschoben worden: Den ersten Riegel schob syndicom. In der Vereinbarung zur Übergangsordnung wurde mit der Post abgemacht, dass innerhalb der Tochtergesellschaften keine Einheiten noch weiter ausgelagert werden dürfen. Während die Übergangsordnung gilt, dürfen keine neuen, sogenannten Enkelgesellschaften gegründet werden.

Den zweiten Riegel schob der Bundesrat. Die Verordnung verbietet der Post, die Grundversorgung durch indirekt kontrollierte Gesellschaften zu erbringen – oder anders gesagt: Enkelgesellschaften sind in der Grundversorgung überhaupt nicht zulässig.

Es stellt sich für syndicom sogar die Frage, ob bereits ausgelagerte Tätigkeiten – wie beispielsweise die Postverzollung durch ­SPILOG – nicht in die Tochtergesellschaft integriert und dem Gesamtarbeitsvertrag Post unterstellt werden müssten.

Die Post kann ihre bisherige Strategie zur Umgehung des GAV nicht mehr anwenden. Die Kernforderung «Alles Gelbe unter einem Dach» erhält durch die Verordnung zusätzlichen Rücken­wind!

Zwei Jahre gilt die Übergangsordnung; zwei Jahre haben die Sozialpartner Zeit, einen neuen Gesamtarbeitsvertrag zu verhandeln. Warum muss er von Neuem ausgehandelt werden? Was ändert sich arbeitsrechtlich mit der neuen Postgesetzgebung? Worauf wird der neue GAV basieren? Dazu mehr im dritten Teil der Serie in der nächsten Ausgabe von «syndicom».

Kaspar Bütikofer, Zentralsekretär Sektor Logistik.

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