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Brot und Rosen, heute und morgen!

«It’s bread we fight for – but we fight for roses, too!» (James Oppenheim, 1911). Auch nach 100 Jahren ist die Forderung der Frauen aktuell und keinesfalls romantisch verklärt. Hält ein Mann in der Schweiz heute für seine Arbeit eine 50er-Note in den Händen, bekommt eine Frau für die gleiche Arbeit nur 41 Franken, rund 18 Prozent weniger. Das ist skandalös! 

 

Auch dieses Jahr prangern wir Gewerkschaftsfrauen zum 8. März die Lohndiskriminierung von Frauen an. Nach über 30 Jahren verfassungsmässiger Gleichberechtigung von Frau und Mann sollte die Lohngleichheit längst eine Selbstverständlichkeit sein. Trotzdem verdienen Frauen in der Schweiz laut der letzten Lohnstrukturerhebung immer noch rund 18 Prozent weniger als Männer. Schreitet die Angleichung der Lohnniveaus weiterhin im gleichen Tempo voran, so können Frauen weitere 66 Jahre auf die Lohngleichheit warten. Das ist schlichtweg skandalös und nicht tolerierbar. Und eben darum müssen wir Gewerkschafterinnen diese Ungerechtigkeit jeden Tag, aber besonders am Tag der Frau direkt und offensiv ansprechen und bekämpfen.

 

 

 

syndicom beteiligt sich auch dieses Jahr mit Aktionen auf der Strasse und in Betrieben (siehe rechts). Die Unterstützung durch Mitglieder ist dabei natürlich ausdrücklich erwünscht. Mit dem Slogan «Brot und Rosen, heute und morgen!» wollen wir uns an die historischen Kämpfe von Gewerkschaftsfrauen erinnern und daraus die Kraft schöpfen, selbst nicht aufzugeben. James Oppenheim schrieb 1911 das Gedicht «Bread and Roses» über die amerikanische Frauenrechtsbewegung jener Zeit. Schon ein Jahr später wurde mit dem Slogan «We want bread, but we want ­roses, too!» («Wir wollen Brot, aber auch Rosen!») eine Forderung bei den wichtigen Streiks in der Textilindustrie gestellt – von den Arbeiterinnen, die für die konservativen Gewerkschaften der damaligen Zeit als nicht organisierbar galten, sich aber dennoch organisierten und für ihre Rechte kämpften.

Heute kämpfen weibliche und männliche Gewerkschaftsmitglieder auch in unserer Gewerkschaft syndicom gemeinsam und Schulter an Schulter für die Rechte der Arbeitnehmenden. Trotzdem ist der Slogan nach wie vor aktuell, denn die Frauen damals wollten mehr als mit ein wenig Brot von der Hand in den Mund leben. Die Rosen standen schon damals für ein Leben in Würde und Anstand statt in Armut und Not. Und über 100 Jahre später kämpfen wir immer noch für das mindestens Nötige: existenzsichernde Löhne und Lohngleichheit.

Wo sind die «Rosen» heute?
Heute leben in der Schweiz rund 400 000 Menschen von weniger als 4000 Franken im Monat, 300 000 davon sind Frauen. Es braucht endlich den gesetzlichen Mindestlohn, der Ausbeutung und Dumping verhindert. Eine Lohndifferenz von rund 18 Prozent zwischen Frau und Mann für die gleiche Arbeit ist ungerecht und inakzeptabel. Wir sind nicht bereit, 66 Jahre zu warten, bis Frauen endlich gleich entlöhnt werden wie Männer. Wir wollen das Brot heute! Lohngleichheit und Mindestlohn jetzt! Aber wir fordern nicht nur unsere Grundrechte für heute, sondern ein Leben in Würde auch in Zukunft: Wieder einmal steht das Rentenalter der Frauen zur Diskussion. Dies ohne dass von den Folgen gesprochen wird, wenn eine Frau bei der Pensionierung in einer Tieflohnbranche, allenfalls mit reduziertem Pensum, gearbeitet hat. Es sind immer noch vor allem Frauen, die aufgrund tieferer Einkommen keine oder nur sehr geringe Pensionskassenrenten haben. Oft bleibt ihnen nur die AHV-Minimalrente, welche heute kaum noch zum Leben reicht: Ein vorher schon knappes Budget führt im Alter zu Armut. Mit der AHVplus-Initiative haben die SGB-Gewerkschaften ein Modell für die staatliche Altersvorsorge entwickelt, von dem alle – und gerade auch solche Frauen – im Alter profitieren werden. Die AHV-Rente soll linear um 10% erhöht und damit den heutigen Lebenshaltungskosten angepasst werden. Wir wollen also die Rosen morgen! Ein Leben in Würde und Anstand auch im Alter! Wir kämpfen immer noch für Brot, aber eben auch immer noch für die Rosen. Und wir kämpfen gemeinsam weiter, bis wir am Ziel sind, bis aus Lippenbekenntnissen endlich Tatsachen geworden sind.

* Toya Krummenacher ist Zentralsekretärin Frauen/Migration/Freischaffende.

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