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Die Post: Vom «Stammhaus» zur Holding

2013 wird ein Jahr der grossen Veränderungen bei der Schweizerischen Post, die in den kommenden Monaten in eine AG überführt wird. Auch die Gewerkschaft steht deshalb vor grossen Herausforderungen. Bereits jetzt kann syndicom einen ersten Etappenerfolg vorweisen: In der Übergangsphase bis 2015 ändert sich an den Anstellungsbedingungen des Postpersonals nichts. 

Im Dezember 2010 verabschiedeten die eidgenössischen Räte die neue Postgesetzgebung. Danach dauerte es nochmals zwei ganze Jahre, bis sich der Bundesrat zur Beschlussfassung über die Verordnungen zum Post- und zum Postorganisationsgesetz durchringen konnte. Schwierige Fragen mussten geklärt werden: Wie werden die Grundversorgung und der Zugang zu Postdienstleistungen definiert? Wie sehen die Anstellungsbedingungen in der Übergangsphase aus? Welche Dienste darf die Post in Zukunft auslagern? Welche Rolle spielen die Subunternehmen? Wann soll PostFinance in eine Aktiengesellschaft ausgelagert werden? Neben diesen kniffligen Fragen war der Bundesrat auch immer mit der Initiative «Für eine starke Post» konfrontiert. syndicom hielt das Volksbegehren bis zum Schluss aufrecht und erhöhte so den Druck auf den Bundesrat, damit die Verordnungen möglichst im Sinne der gewerkschaftlichen Forderungen gestaltet würden (siehe Kasten Seite 3). Im Oktober 2012 trat die Postgesetzgebung zusammen mit den Verordnungen in Kraft und 2013 werden die neuen gesetzlichen Grundlagen umgesetzt – mit weitreichenden Auswirkungen auf den Postmarkt und die Schweizerische Post.

Was ändert sich bei der Post?

Die Schweizerische Post wird im Laufe des Jahres in eine öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft umgewandelt. Dazu wird der Bundesrat voraussichtlich im Juni grünes Licht erteilen. Die Umwandlung wird dann rückwirkend auf Anfang Jahr vollzogen. Von diesem Zeitpunkt an ist die Post nicht mehr eine unselbständige Anstalt des Bundes, sondern erhält grössere unternehmerische Freiheiten. Sie bleibt weiterhin im Besitz des Bundes und somit ein Teil der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Die Post bekommt ein Rechtskleid, wie es die SBB schon seit mehreren Jahren hat.

Die Änderung der Rechtsform des Post-Konzerns ist nicht die einzige Folge des neuen Postorganisationsgesetzes. Zusätzlich haben sich die Turbulenzen an den Finanzmärkten auf die Erarbeitung des Postorganisationsgesetzes ausgewirkt, was Folgen für PostFinance hat. «Too big to fail» gilt auch für die Post: Deshalb will der Gesetzgeber, dass PostFinance der Finanzmarktaufsicht des Bundes (Finma) unterstellt wird. Diese Behörde kontrolliert Banken und Geldinstitute und sorgt für die nötige Stabilität des Finanzmarktes. Auch PostFinance muss in Zukunft die Risiken ihrer Geschäfte an den Finanzmärkten mit einer genügend hohen Eigenkapitalreserve abdecken. Damit aber der Finanzdienstleistungsbereich der Post der Finma unterstellt werden kann, muss PostFinance zwingend in eine eigenständige privatrechtliche Aktiengesellschaft ausgegliedert werden. Auch dieser Schritt soll Mitte Jahr mit Rückwirkung auf Anfang 2013 vollzogen werden. Damit dies tatsächlich geschehen kann, muss die Finma die Banklizenz von PostFinance aber noch definitiv bestätigen, damit auch der Bundesrat sein Einverständnis geben kann. Erst dann wird der alte Konzernbereich PostFinance zur neuen PostFinance AG.

Keine Privatisierung

Obwohl in den Medien immer wieder – namentlich seitens eines pensionierten Post-CEO, der sich bei einer Provinzbank ein lukratives Verwaltungsratsmandat ergattert hat – die Forderung nach einer teilweisen oder gänzlichen Privatisierung der PostFinance AG laut wird, ist keine solche Privatisierung vorgesehen. Die betreffenden Aktien bleiben im Besitz der Schweizerischen Post AG. Die PostFinance AG wird also eine Tochtergesellschaft der Post und somit indirekt auch im Besitz des Bundes bleiben.

Neue Holdingstruktur

Die gesetzlich vorgeschriebene Auslagerung von PostFinance in eine Tochtergesellschaft im Besitz der Post akzentuiert den Holding-Charakter der Schweizerischen Post. Neben die Postautodienste, die bereits seit 2005 in einer eigenständigen Konzerntochter, der PostAuto AG, organisiert sind, tritt somit 2013 eine zweite Konzerntochter, in der die Finanzdienstleistungen gebündelt werden. Diesen vom Gesetzgeber begünstigten Umbau des Gelben Riesen in eine Holding will die Post konsequent weiterführen: In den drei grossen Märkten, in denen sie durch einen Leistungsauftrag tätig ist, will sie mit eigenständigen Tochtergesellschaften wirtschaften. Dies bedeutet, dass neben die PostAuto AG und die PostFinanceAG eine dritte Aktiengesellschaft treten soll, die im postalisch-logistischen Markt tätig ist.

Post CH AG

Das neue Postorganisationsgesetz erlaubt der Post ausdrücklich, Tochtergesellschaften zu bilden. Davon will die Post im neuen Jahr Gebrauch machen. Zeitgleich zur Auslagerung der PostFinance AG soll auch der Logistikbereich in die Post CH AG ausgelagert werden. In dieser neuen Konzerntochter werden die Bereiche PostMail, PostLogistics, Poststellen & Verkauf sowie Swiss Post Solutions zusammengeführt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Bereiche werden im Laufe des kommenden Jahres aus dem Stammhaus (der Schweizerischen Post) ausgelagert und in die neue Tochtergesellschaft überführt. Diese privatrechtliche Tochtergesellschaft, die in der Grundversorgung mit Postdienstleistungen tätig ist, kann nicht privatisiert werden, denn die Post muss diese Gesellschaft direkt kontrollieren können.

Was bedeutet der konsequente Umbau der Post in eine Holding mit eigenständigen Tochtergesellschaften für die Mitarbeitenden? Welche Auswirkungen hat das auf die Anstellungsbedingungen? Was ändert sich am GAV? Wie wirken sich diese Veränderungen auf die GAV-Verhandlungen aus? – Dazu mehr in der nächsten Ausgabe von «syndicom».

Kaspar Bütikofer, Zentralsekretär Sektor Logistik.

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