Artikel

Erster AHV-Ausbau seit 40 Jahren

Die Gewerkschaften und die fortschrittlichen Kräfte der Schweiz sagen überwiegend Ja zum Kompromiss der Altersvorsorge 2020. Auch wir als syndicom. Die Negativpunkte, vor allem das Rentenalter 65 für die Frauen, lagen offen auf dem Tisch. Beurteilen müssen wir im Hinblick auf die Abstimmung vom 24. September allerdings das Gesamtpaket im Kontext des politischen Kräfteverhältnisses. 

 

Der erstmalige Ausbau der AHV seit 40 Jahren ist ein hoch zu wertender Kurswechsel und ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, auch wenn die 70 Franken nicht die Tür zum Schlaraffenland öffnen. Die Sicherung unserer Renten kann langfristig nur über eine Stärkung der AHV erfolgen, denn das System Pensionskassen funktioniert im überobligatorischen, gesetzlich nicht regulierten Teil immer schlechter. Die Umwandlungssätze und damit die Renten sind im ungeregelten Bereich im freien Fall (siehe Artikel unten von Urban Hodel). Leider haben wir mit der gewerkschaftlichen Initiative «AHVplus» für zehn Prozent mehr AHV für alle im letzten September keine Mehrheit gewinnen können, doch jetzt können wir mit einem Ja trotzdem Weichen stellen! Und dann wird es der Kampf der nächsten Jahre und Jahrzehnte bleiben, den AHV-Zug in Fahrt zu bringen.

Ein historischer Irrtum

In den nächsten Jahren werden fortschrittliche und soziale Kräfte den Fokus auf die Rentensicherung richten müssen. In weiten Teilen Europas kann man die Entwicklung verfolgen, dass die Renten für einen wachsenden Teil der Bevölkerung nicht mehr reichen für ein anständiges Leben.

Diese Gefahr besteht auch in der Schweiz, denn heute sehen wir klar, dass es ein «historischer Irrtum» der 1970er-Jahre war, die Renten mit den Pensionskassen an die Kapitalmärkte zu koppeln und den Ausbau der AHV zur Volkspension abzulehnen. Eine Umkehr ist momentan kaum vorstellbar.

Umso wichtiger sind die vorliegenden «Reparaturarbeiten» der Altersreform 2020, um mindestens für die tieferen Einkommen die Renten für die nächste Periode sichern zu können. Für sie kommt die Besitzstandsgarantie im Pensionskassenobligatorium für über 45-Jährige zum Tragen, sie werden die bessere Absicherung der Teilzeiter und Tieflöhnerinnen, den 70-Fr.-AHV-Zuschlag und die Erhöhung der Ehepaar-Renten um monatlich bis 200 Franken spüren.

Auch die Möglichkeit, bei Entlassung ab 58 Jahren in der Pensionskasse zu bleiben, wird finanzielle Abstürze im Alter verhindern helfen.

Keine Illusionen!

Der Ausbau der AHV wird von der Rechten und einem grossen Teil der Arbeitgeber bekämpft – aus ideologischen Gründen: weil sie in der 2. Säule immer noch ein Geschäft sehen und weil die AHV von oben nach unten umverteilt.

Machen wir uns deshalb keine Illusionen: Ein Nein im September würde von ihnen und der von ihnen beeinflussten medialen Öffentlichkeit nach AHVplus vom letzten September als lange nachwirkendes Nein gegen die Stärkung der AHV interpretiert. Es wäre in der Wirkung kein ­linkes Nein gegen Rentenalter 65 für Frauen, und unser gerade langsam ­anrollender AHV-Zug würde abrupt gestoppt.

syndicom wird sich in der Kampagne für die Revision der Altersvorsorge 2020 für ein Ja engagieren: um dieses Eigentor zu verhindern, das den Bürgerlichen zupass käme, die noch so gerne die AHV finanziell aushungern würden, um endlich ein paar Argumente für Rentenalter 67+ zu haben!

Informiert bleiben

Persönlich, rasch und direkt

Du willst wissen, wofür wir uns engagieren? Nimm Kontakt zu uns auf! Bei persönlichen Anliegen helfen dir unsere Regionalsektretär:innen gern weiter.

syndicom in deiner Nähe

In den Regionalsekretariaten findest du kompetente Beratung & Unterstützung

Jetzt Mitglied werden