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GAV-Konferenz gibt grünes Licht

Am 24./25. April haben rund 150 Delegierte und Gäste der GAV-Konferenz in Bern über das Ergeb­nis der Verhandlungen zu den neuen Gesamtarbeitsverträgen bei der Post debattiert. Sowohl die einzelnen Firmen-Konferenzen als auch das Plenum bestätigten das Verhandlungsresultat klar. Doch es gab auch kritische Voten von den Delegierten. 

 

syndicom-Präsident Alain Carrupt, der selbst aus einer Pöstler-Dynastie stammt, eröffnete am Mittag des 24. April die Konferenz. Carrupt verglich in seiner Eröffnungsrede die GAV-Verhandlungen mit einem Fussballmatch, der unentschieden geendet hat. «Ich meine damit aber nicht, dass das Resultat 0:0 ist und beide Seiten nichts erreicht haben. Vielmehr denke ich dabei an ein hart umkämpftes Spiel, das nach 90 Minuten mit einem ausgeglichenen Resultat beim Stand von 3:3 abgepfiffen wird», erklärte er das Bild. Es gehe jetzt darum, das Ergebnis nüchtern zu analysieren und die Leistung der eigenen Equipe kritisch, aber mit Respekt zu würdigen.

Zustimmung mit kritischen Voten

Diese Würdigung nahmen anschliessend die Delegierten in den drei separaten Teilkonferenzen von PostCH, PostFinance und PostAuto vor. Sie diskutierten die Detailregelungen der Gesamtarbeitsverträge jeder Konzerngesellschaft. Besonders lebhaft war die Debatte in der Konferenz PostCH. Verschiedene Delegierte traten ans Mikro­fon und kritisierten die neuen Bestimmungen zu den Treueprämien, dem Kündigungsschutz, den Nacht- und Sonntagszulagen oder dem Geltungsbereich als Abbau und als «ungenügend». Andere hätten sich zum Beispiel bei der Altersteilzeit eine grosszügigere Lösung gewünscht – analog zum GAV der SBB. Ein Delegierter erinnerte daran, dass die vielen Preise und Auszeichnungen, welche die Post in jüngster Zeit einheimste, auf das hohe Engagement, die Flexibilität und die hervorragende Arbeitsleistung der Angestellten zurückzuführen seien. Dies habe seinen Preis und dürfe auch etwas kosten, zumal der Gewinn der Post weiterhin beachtlich sei. Einige Delegierte warnten aber vor einer Ablehnung des Verhandlungsresultates. Der GAV Post biete einen umfassenden Schutz für alle und einen klaren Mehrwert gegenüber den minimalen Bestimmungen im Obligationenrecht. Das Ergebnis sei zudem ausgeglichen. «Wir müssen aufpassen, dass wir die Verbesserungen nicht schlechtreden», so ein Delegierter. Auf der Basis dieses GAV könnten faire Arbeitsbedingungen bei der Post garantiert und weiterentwickelt werden. Entscheidend sei nun die konkrete und konsequente Umsetzung im Arbeitsalltag. «Bei jeder Verhandlung gibt es Wünschbares und Machbares. Das Machbare hat die Verhandlungsdelegation erreicht», resümierte Sektorleiter Fritz Gurtner.

Klare Mehrheit

Am Schluss votierte eine klare Mehrheit für den neuen GAV. Ein Drittel der Delegierten stimmte allerdings Nein oder enthielt sich der Stimme. Es sei wichtig, gegenüber der Post deutlich zu signalisieren, dass der Umbau des Unternehmens weiterhin sehr kritisch begleitet werde. «Die Auseinandersetzung und die Mobilisierung für den nächsten GAV beginnt schon heute», stellte ein Delegierter fest.

GAV muss sich im Alltag bewähren

Weniger kontrovers waren die Diskussionen in den Firmen-Konferenzen von PostFinance und PostAuto. Bei den Chauffeuren standen die konkreten Umsetzungsprobleme im Alltag im Vordergrund. «Wir alle wissen, dass es in unserem Unternehmen viele kreative Ideen gibt, wie die GAV-Regelungen oder das Arbeitszeitgesetz umgangen werden können», erklärte Markus Altherr vom Firmenvorstand PostAuto. «Entscheidend ist also, ob wir den GAV vor Ort durchsetzen können.» Auf wenig Begeisterung stiessen bei den Delegierten zudem die gekürzten Zulagen für Abend- und Sonntagseinsätze, obwohl diese neu rentenbildend sind. Die Post riskiere mit diesem Vorgehen, dass sie gegenüber der Konkurrenz ins Hintertreffen gerate und die Jobs bei PostAuto unattraktiv würden. Schliesslich gab auch die Gleichstellung der Chauffeure von Regie und Postauto­unternehmen (PU) zu reden. Es sei noch ein langer Weg, bis die Unterschiede bei den Lohn- und Anstellungsbedingungen endlich ausgeglichen seien. Die Übernahme der GAV-Bestimmungen in die Personalreglemente der PU sei aber ein wichtiger Erfolg.

Gefahr der Deregulierung

Die Delegierten von Post­Finance zeigten sich mit dem Verhandlungsergebnis durchweg zufrieden. Unsicherheit herrsche im Moment aber vor allem bei den Mitarbeitenden, welche aufgrund ihrer Funktionsstufe neu nicht mehr dem GAV unterstehen. Nebst dem fehlenden Schutz kritisierten die Betroffenen, dass bei Arbeitszeit und Lohn eine Deregulierung drohe, deren Konsequenzen noch nicht absehbar seien. Die Mitglieder von syndicom müssten diese Entwicklung aufmerksam verfolgen und Strukturen schaffen, dass sich auch diese Gruppe kollektiv für ihre Rechte wehren könne.

Die Konferenzen von PostFinance und PostAuto akzeptierten schliesslich den GAV einstimmig bei einigen Enthaltungen.

75% Ja-Stimmen zum Dach-GAV der Post

Am zweiten Konferenztag, dem Samstagmorgen, wurden die Ergebnisse der Einzelberatungen im Plenum nochmals zusammengefasst. Alle drei Firmen-Konferenzen hatten ihren GAV am Vortag angenommen. Entsprechend deutlich fiel dann das Votum in der Schlussabstimmung zum Dach-GAV aus: Drei Viertel der Delegierten stimmten diesem zu, während ihn ein Viertel ablehnte oder sich der Stimme enthielt. Damit gaben die syndicom-Delegierten grünes Licht für die Unterzeichnung des GAV durch die Sozialpartner, diese erfolgte am 30. April.

tragweite für schweizer vertragslandschaft

SGB-Präsident Paul Rechsteiner betonte in seiner Ansprache als Gastredner die Bedeutung des GAV Post als eine der wichtigsten Säulen in der Vertragslandschaft der Schweiz. «Angesichts der Tatsache, dass verschiedene Kreise den überbewerteten Franken instrumentalisieren wollen und glauben, jetzt ein anti­sozia­les Programm durchsetzen zu können, braucht es starke Gesamtarbeitsverträge. Und es braucht die solidarische Kraft der Gewerkschaften», sagte Rechsteiner.

Personelles

Auch personelle Wechsel an der Spitze des syndicom-Sektors Logistik waren Thema auf der Konferenz. Der langjährige Zentralsekretär Kaspar Bütikofer wurde feierlich verabschiedet (s. unten). Die GAV-Konferenz stellte ebenfalls die Weichen für die Nachfolge von Sektorleiter Fritz Gurtner, der nächstes Jahr in Rente geht. Die Delegierten nominierten syndicom-Zentralsekretär Daniel Münger als künftigen Leiter des Sektors und Geschäftsleitungsmitglied von syndicom. Wird diese Nomination von den anderen Branchen des Sektors bestätigt, wird Münger an der DV vom 28. November zur Wahl vorgeschlagen.

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