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Lohnverhandlungen für den Buchhandel: Verantwortungslose Lohnpolitik

Das Resultat der diesjährigen Lohnverhandlungen für den Buchhandel der deutschsprachigen Schweiz ist enttäuschend: Nur die Mindestgehälter werden der Teuerung angepasst. Der Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband (SBVV) stiehlt sich aus der Verantwortung.

Gäbe es nicht den automatischen Teuerungsausgleich auf den Mindestgehältern, den der Gesamtarbeitsvertrag verlangt, müsste man von einer Nullrunde sprechen. Nur dank diesem Mechanismus bewegen sich die Mindestgehälter auch 2012. Im September betrug die Teuerung 0,5 Prozent, was zu einer Erhöhung der Mindestgehälter um plus/minus 20 Franken führt.

syndicom ist nicht entgangen, dass die Umsätze im Buchhandel seit Anfang Jahr massiv zurückgegangen sind, und zwar nicht nur wegen des starken Frankens, sondern auch weil weniger Kundinnen und Kunden in den Laden kommen. Immer öfter wird online bestellt und immer öfter bei Ex Libris, deren Dumpingpreise viele Buchkäufer und -käuferinnen verlocken.


Deshalb war syndicom bereit, ihre Forderung auf die Mindestgehälter zu beschränken, und verlangte eine Erhöhung um je 50 Franken. Denn erstens kostet das die einzelne Buchhandlung nur wenig, da kaum mehrere Beschäftigte zu Mindestgehältern angestellt sind; die Lohnsumme erhöht sich damit um nicht einmal ein halbes Prozent. Zweitens bewegt sich die Branche nicht im luftleeren Raum: Coop, Lidl etc. zahlen unterdessen höhere Mindestgehälter. Und drittens verändert sich das Sortiment mit einer stärkeren Gewichtung von Nonbooks in eine Richtung, die nicht bei allen Buchhandelsangestellten Freude auslöst.

 

Diesen Argumenten konnte die Gegenseite in der ersten Verhandlungsrunde durchaus etwas abgewinnen, wobei es offenbar Mitglieder des SBVV gibt, die unter dem Preisdruck den GAV, der beispielsweise den 13. Monatslohn verlangt, gerne aushebeln würden. Nach einem Time-out sicherte Susanne Jäggi, Verhandlungsleiterin des SBVV, zu, die Forderung von syndicom im Zentralvorstand des SBVV zu diskutieren.

 

Uneingelöstes Versprechen

 

Die Delegierten der Paritätischen Kommission konnten den Zentralvorstand nicht überzeugen. Sie kamen mit leeren Händen zurück: Wo es nichts zu verteilen gebe, könnten keine Löhne erhöht werden. Mit dieser kurzsichtigen Haltung macht es sich der Verband aber viel zu leicht. Denn gerade in einer Branche, die auf motiviertes Personal angewiesen ist, bei der aber die Wertschöpfung klein ist, muss eine sorgfältige Lohnpolitik betrieben werden.

 

Zudem hält sich der Verband nicht an seine Versprechen. Im Herbst 2008 versicherte der SBVV, dass er das Mindestgehalt von damals 3670 Franken in den nächsten Jahren auf 4000 Franken erhöhen wolle. Unterdessen wurde das Mindestgehalt vier Mal verhandelt. Bleibt der Verband bei seiner unberechenbaren und geizigen Lohnpolitik, könnte dies noch Jahre dauern. syndicom ist aber überzeugt, dass vor allem auch die jungen Berufsleute mit einer solchen Lohnentwicklung keine Perspektive in der Branche sehen können. So tiefe Mindestlöhne und dazu noch stagnierende Reallöhne ermöglichen auch bei grossem Idealismus keine Zukunft: Es ist schlicht zu wenig Geld im Portemonnaie.

 

Danièle Lenzin, Co-Präsidentin und Leiterin Branche Buch und Medienhandel

 

Gehälter 2012 (PDF)

 

Paritätische Kommission SBVV/syndicom:

  • SBVV Fachausschuss Buchhandel: Susanne Jäggi, Vorsitzende, Barbara Valenta, Dani Landolf, Geschäftsführer SBVV
  • syndicom Branche Buch und Medienhandel: Eva Bachofner, Matthias Bernet, Danièle Lenzin, Branchenleiterin

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