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Macht den Journalismus wieder gross

Journalistinnen und Journalisten sollten mehr zusammenarbeiten, auch über Blatt- und Verlagsgrenzen hinweg. Dies ist das Fazit des Recherchetags am Medienausbildungszentrum MAZ, der dieses Jahr zum fünften Mal stattfand.

 

In der Vergangenheit sahen sich Medienschaffende häufig als Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer. Man wollte besser und schneller sein als die Konkurrenz. Inzwischen ist vermehrt Zusammenarbeit – auch zwischen verschiedenen Redaktionen – angesagt. Zum Teil funktioniert das schon ganz gut. Zum Beispiel bei der Recherche zu den Panama-Papers: 109 Redaktionen aus 76 Ländern bearbeiteten einen riesigen Berg geleakter Daten aus der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama, die der «Süddeutschen Zeitung» zugespielt worden waren.

Die Papiere enthüllten, wie Staatschefs und autoritäre Herrscher über Briefkastenfirmen geheime Vermögensstrukturen aufbauen. Dank der Zusammenarbeit von JournalistInnen aus aller Welt konnte im letzten Frühjahr etwa aufgedeckt werden, dass der russische Präsident Wladimir Putin in den vergangenen Jahren hohe Millionenbeiträge ausser Landes schaffte. Einer seiner Strohmänner war der Cellist Sergej Rodulgin, der Taufpate von Putins Tochter Maria. In der Schweiz beteiligten sich der «Tages-Anzeiger», die «Sonntagszeitung» und «Le matin dimanche» an der Recherche.

Die Recherche zu den Panama-Papers koordiniert hat Frederik Obermaier von der «Süddeutschen». Er hielt am Recherchetag des Medienausbildungszentrums MAZ in Luzern vor gut 60 Journalistinnen und Journalisten ein inspirierendes Referat.

Medien müssen transparenter werden

Obermaier unterstrich, dass Journalistinnen und Journalisten zusammenarbeiten müssten. Bei den Panama-Papers habe dies sehr gut geklappt. Er nannte aber auch ein Beispiel, wo das nicht funktionierte: So ignorierte Donald Trump kurz nach seinem Amtsantritt auf einer Pressekonferenz einfach einen missliebigen Journalisten von CNN. In diesem Fall hätten halt die anderen Journalisten Trump die Frage des CNN-Mannes stellen sollen, mahnte Obermaier.

Der 33-jährige deutsche Journalist, der bei seiner Präsentation etwas gezeichnet von der Arbeit der letzten Monate wirkte, forderte auch mehr Transparenz. Medien müssten bei ihren Recherchen vermehrt Dokumente veröffentlichen und ihre Arbeitsweise transparent machen. Dank den neuen Technologien gebe es auch neue Möglichkeiten : So hat sich Obermaier zum Beispiel auf Facebook live Leserfragen zu den Panama-Papers gestellt. Das Rechercheteam der «Süddeutschen», zu dem Obermaier gehört, besteht zurzeit aus 8 Personen. Darunter sind auch sogenannte Daten-JournalistInnen – Leute, die sich mit riesigen Datenmengen auskennen. Die Panama-Papers waren das grösste Datenleck aller Zeiten, 2,6 Terabyte wogen alle E-Mails, Urkunden, Verträge und Bankauszüge, welche die «Süddeutsche» erhielt. Das entspricht dem 10fachen Speicherplatz der Festplatte eines durchschnittlichen Notebooks.

Daten-Journalismus und Dorfkönige

Zahlreiche weitere Journalistinnen und Journalisten traten am Recherchetag ans Rednerpult. Jürg auf der Maur («Bote der Urschweiz») berichtete vom Umgang mit Dorfkönigen, Marcel Gyr (NZZ) von seiner Recherche zum Geheimabkommen der Schweiz mit der PLO, Thomas Knellwolf («Tages-Anzeiger») über Informantennetze. Der Rechtsanwalt Simon Canonica zeigte auf, was man bei der verdeckten Recherche beachten muss.

Zwar wirkten einige Journalisten-Referenten etwas unsicher. Das war aber nicht weiter schlimm. Den Zweck, dass sich Medienschaffende untereinander vernetzen, hat die Veranstaltung sicher erfüllt. Am Schluss seines Referats bediente sich der gewitzte Obermaier ausgerechnet bei Trump, der ja nicht als grosser Freund der Medien gilt. Er forderte: «Make journalism great again!»

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