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Nicht nur eine Verhandlungs-, sondern auch eine Denkpause

Letzte Woche hat syndicom den Post-Verantwortlichen mitgeteilt, dass sie bei den GAV-Verhandlungen eine Pause eingelegen will. syndicom-Präsident Alain Carrupt erklärt in einem Online-Interview die Hintergründe dieses Entscheids und appelliert an die Post, den Unterbruch auch als Denkpause zu nutzen.

© Yoshiko Kusano / blick.ch

Letzte Woche hat syndicom die Verhandlungen zum GAV Post vorübergehend ausgesetzt. Was führte zu dieser Entscheidung?


Alain Carrupt: An der Auftaktveranstaltung zu den GAV-Verhandlungen im August letzten Jahres habe ich in meiner Rede gesagt: «syndicom sagt ja zum Umbau, aber nein zu Verschlechterungen». Für uns ist dies selbstverständlich und unterdessen dürfte das auch der Post klar sein.  Die Änderung der Unternehmensform und die neue Struktur der Post dürfen niemals als Vorwand dienen, um die Arbeitsbedingungen des Personals zu verschlechtern. Ich sagte ausserdem: «Jetzt erwarten wir auch von der Post ein vernünftiges und transparentes Vorgehen. Sie muss ihrem Personal möglichst rasch beweisen, dass sie den Umbau nicht im Sinne eines Abbaus versteht.» An diesen Vorgaben haben wir die Zwischenresultate der GAV-Verhandlungen gemessen und sind deshalb zum Schluss gekommen, dass wir unsere Positionen intern nochmals eingehend diskutieren müssen. Es gibt verschiedene offene Fragen in zentralen Bereichen.

Wo liegen denn konkret die Probleme?


Alain Carrupt: Wir erwarten, dass der GAV für möglichst viele Mitarbeitende der Post gilt. Es ist wichtig, dass wir damit die Arbeitsbedingungen und den Schutz für die Angestellten der Post garantieren können. Dazu gehört für uns auch die Gleichbehandlung des Fahrpersonals der privaten Postautounternehmer mit dem Fahrpersonal von PostAuto AG. Hier fehlen uns immer noch konkrete Vorschläge.

Entscheidend ist für uns auch, wie der Kündigungsschutz im neuen GAV geregelt ist. Die aktuelle Diskussion über den Verkaufsdruck der Schalterangestellten zeigt auf, wie wichtig ein guter Schutz ist. Und schliesslich erwarten wir vom neuen GAV, dass er griffige Massnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf enthält.
In den letzten Wochen hat uns die Verhandlungsdelegation zudem über verschiedene Resultate informiert, bei denen noch keine befriedigende Lösung gefunden werden konnte. Sie betreffen die Zuschläge für die Nacht- und Sonntagsarbeit, die Pausen, die Ferienregelungen und die Treueprämien. Das sind Themen, welche viele unserer Mitglieder betreffen und beschäftigen.

Gab es weitere Gründe?


Alain Carrupt: Hinzugekommen ist, dass die Spitze der Post in der Sonntagspresse in der heissen Verhandlungsphase Signale gab, die wir ernst nehmen mussten. Post-Chefin Susanne Ruoff kündigte beispielsweise am 9. März in der Zeitung «Schweiz am Sonntag» an, dass wegen der Reduktion der Briefmenge «in den nächsten fünf Jahren Tausende von Jobs wegfallen» würden. Und Verwaltungsrat Peter Hasler stellte eine Woche später in der gleichen Zeitung in Aussicht, dass die aktiven Mitarbeiter in Zukunft höhere Beiträge in die Pensionskasse bezahlen müssten.

syndicom hat eine «Verhandlungspause» eingelegt. Was passiert jetzt?

Alain Carrupt: Die internen Gremien von syndicom werden die Situation analysieren und das weitere Vorgehen beschliessen. Ich bin mir bewusst, dass diese Diskussion kontrovers geführt wird – ihr müssen wir uns stellen. Gemeinsames Ziel ist und bleibt, dass wir einen guten GAV mit der Post abschliessen wollen, den unsere Mitglieder und alle Angestellten der Post breit mittragen können.

Will syndicom damit Druck auf die Post ausüben?

Alain Carrupt: Die Verhandlungspause ist ein Signal an die Post. Sie soll sich Zeit nehmen, zu überlegen, ob ihre Strategie die richtige ist. Wir haben eine lange Tradition der Sozialpartnerschaft bei der Post, mit Höhen und Tiefen. In der Vergangenheit konnten wir Meinungsverschiedenheiten regeln. Wir nutzen die Verhandlungspause auch, um eine Mobilisierung vorzubereiten. Für uns ist es wichtig, dass sich auch unsere Mitglieder für einen guten GAV engagieren.

In den Medien war bereits von Streikdrohungen zu lesen.

Alain Carrupt: Ein Streik kann nie das Ziel sein. Er ist das letzte Mittel, wenn die Gespräche scheitern und unsere Mitglieder keine anderen Lösungen mehr sehen als Kampfmassnahmen. Wann es soweit ist, entscheiden die Mitglieder, nicht die Gewerkschaft.
 

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