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syndicom kritisiert den Angriff gegen unabhängigen Journalismus

Klagen eines Kunstsammlers gegen „Le Courrier“

Die Genfer Tageszeitung „Le Courrier“ sieht sich mit den Klagen des Kunstsammlers Jean Claude Gandur konfrontiert. Gegenstand der Zivil- und Strafklagen sind journalistische Beiträge, die das unabhängige Blatt am 16. Mai 2015 publiziert hat. Darin ging der erfahrene Journalist Benito Perez wird den Ursprüngen des Vermögens nach, das Gandur mit seinen Firmen im Öl- und Rohstoffgeschäft ab den 1970er Jahren angehäuft hat.

Es handelt sich um einen grundlegenden Angriff gegen die Medienfreiheit und die journalistische Unabhängigkeit, der in einem besonderen politischen Kontext steht. Das Stimmvolk der Stadt Genf wird am 28. Februar über den Um- und Erweiterungsbau des Kunsthistorischen Museums MAH abstimmen. In der parlamentarischen Debatte im Frühling letzten Jahres war die Vorlage umstritten. Unter anderem wurde die hälftig gemischte Finanzierung aus öffentlichen und privaten Geldern und die Partnerschaft mit der Kunststiftung von Gandur in Frage gestellt.

Der Kläger verkennt mit seinem Vorgehen offensichtlich das Funktionieren und die Rolle der Medien in der Schweiz. Die verfassungsmässige Medienfreiheit und die Informationsfreiheit der Öffentlichkeit
gehören zu den Fundamenten einer Demokratie. Die Medien sollen in der demokratischen Meinungsbildung über alle relevanten Elemente recherchieren und berichten können. Dies hat „Le Courrier“ als unabhängige Publikation unter Anwendung der berufsethischen Regeln im Journalismus gemacht.

Auf strafrechtlicher Ebene hat die StaatsanwaltschaftGenf am 24. November 2015 auf Nichteintreten entschieden. Dabei ist die Begründung interessant: die Vorwürfe wegen Ehrverletzung durch den Journalisten seien angesichts des öffentlichen Interesses am Artikel, der Seriosität der Quellen und dem guten Glauben des Autors nicht weiter zu verfolgen. Gandur hat dagegen Rekurs erhoben. Parallel läuft das zivilrechtliche Verfahren, welches bei einer Verurteilung katastrophale finanzielle Folgen für die Zeitung hätte. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang, dass der Geschäftsmann weder vom Gegendarstellungsrecht noch von der Möglichkeit einer berufsethischen Beschwerde beim Schweizer Presserat Gebrauch gemacht hat.

Die straf- und zivilrechtlichen Klagen stellen den offensichtlichen Versuch dar, eine kritische Zeitung zum Schweigen zu bringen. Es ist daher folgerichtig, wenn Le Courrier nach mehrfach gescheiterten Versöhnungsversuchen die Vorgänge in der heutigen Ausgabe öffentlich macht. syndicom hat dem betroffenen Journalisten und seiner Redaktione die gewerkschaftliche Unterstützung zugesichert.

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