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Tamedia: Einheitsbrei schon 2018?

Künftig sollen alle Tamedia-Zeitungen weitgehend identische Inhalte haben. Mit einer ausgeklügelten Kommunikationsstrategie und bewussten Fehlinformationen im Zeitplan versucht das Unternehmen, Unruhe unter den Angestellten zu vermeiden. 

 

In der Chefetage von Tamedia ist man zufrieden. Der Plan geht auf. Trotz alljährlicher Gewinne im dreistelligen Millionenbereich soll der grösste Um- und Abbau der Konzerngeschichte realisiert werden – ohne Widerstand bei der Belegschaft auszulösen. Dadurch soll auch ein Aufschrei in der Öffentlichkeit verhindert werden.

Die Kommunikationsabteilung hat dazu am 5. Mai ein merkwürdig anmutendes Mail an die Belegschaft verschickt. Um «Gerüchten vorzubeugen», habe man entschieden, die Mitarbeiter «über das interne Projekt 2020 und den Stand der Arbeiten zu informieren». Im Printbereich rechne man bis ins Jahr 2025 mit einem Rückgang des Werbeumsatzes von dreissig Prozent. Es sei deshalb «fahrlässig, nicht zu versuchen, in die Zukunft zu blicken und auch umfassende Veränderungen zu prüfen». Viele der angeführten Optionen hätten für die Mitarbeiter und Leser drastische Veränderungen zur Folge.

Die Gerüchteküche, der die Unternehmensleitung mit der Information entgegenwirken wollte, fing daraufhin erst an zu köcheln. Gleichzeitig blieb es auf den Redaktionen aber merkwürdig ruhig. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen dauert es gemäss dem Communiqué noch längere Zeit, bis die Umstrukturierungen durchgeführt werden. Da ist von einem «Zeithorizont 2025» die Rede und davon, «konkrete Massnahmen» bis 2020 «zu planen». Zum anderen herrscht bis heute auf manchen Redaktionen und in vielen Ressorts die Meinung, man selbst sei weniger betroffen als andere. All dies trifft nicht zu.

Schon nach den Sommerferien

Die Chefredaktoren wurden bereits wenige Tage nach dem Versenden der internen Communiqués durch den Konzern ganz anders informiert. Mancher von ihnen reagierte kon­sterniert. Der Grund: Ein erster Vorentscheid wird noch in diesem Monat gefällt. Und es wird Schlag auf Schlag weitergehen. Bereits nach den Sommerferien soll der definitive Entscheid fallen, wie informell zu vernehmen ist. Erste Massnahmen würden bereits im kommenden Jahr in Kraft treten. Und diese werden es in sich haben.

Gemäss gut informierten Quellen favorisiert Tamedia ein Modell, in dem zwar alle Titel weiter bestehen bleiben. Dies aber einzig als leere Hüllen zur Leserbindung. Denn im Inneren würden weitestgehend dieselben Inhalte publiziert – einfach in unterschiedlicher Länge und Ausführlichkeit. Einheitsbrei. Tag für Tag. Im «Tagi», im «Bund», in der «Berner Zeitung», im «Landboten» und in den Zürcher Landzeitungen – gerüchtehalber auch in Blochers «Basler Zeitung».

Die Inhalte werden in sogenannten Kompetenzzentren entstehen. Testweise soll ein solches in Kürze im Bereich Sport gebildet werden. Auch in Ausland, Inland, Kultur und Wirtschaft sowie im Layout oder im Korrektorat soll dieses Modell bald zum Einsatz kommen.

«Das bedeutet ja, dass Stellen abgebaut werden», sagte eine Redaktorin vor wenigen Tagen voller Überraschung. Anderen sind die Konsequenzen auch jetzt noch nicht bewusst. Kein Wunder, hat das Unternehmen doch bewusst missverständlich informiert. Es sollte sich also niemand in falscher Sicherheit wiegen. Halten die Verantwortlichen an ihren Plänen fest, werden bis zu 30 Prozent der Stellen eingespart. In Zürich. In Bern. Quer durch alle Ressorts.

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