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Tamedia Romandie: Breiter Protest gegen Stellenabbau

Tamedia baut bei den Redaktionen von «24heures» und «Tribune de Genève» massiv Personal ab: 31 Stellen sollen gestrichen, 24 Personen entlassen werden. Doch es formiert sich Widerstand gegen die Arroganz des Medienkonzerns. JournalistInnen, Politik und die breite Öffentlichkeit nehmen diese Ohrfeige für die Westschweizer Presse nicht ohne Gegenwehr hin.

© Thierry Porchet

Am 27. September gab Tamedia bekannt, dass in Genf und Lau­sanne 31 Stellen gestrichen werden sollen, davon 19 bei «24heures» und 12 bei der «Tribune de Genève». Allein 16 Personen sollen in Lausanne entlassen werden, 8 in Genf. Das Ausmass der Umstrukturierung ist ein Schock, die Reaktionen sind entsprechend heftig.

Grounding der Westschweizer Presse
Über 400 Personen fanden am 27. September in Lausanne und Genf zu gleichzeitigen Protesten zusammen. Sie forderten, dass Tamedia von den geplanten 4 Millionen Franken Einsparungen absieht. «Tamedia tötet eure Medien», «Keine Journalisten, keine Information!» und «Nein zum Grounding der Westschweizer Presse!», lauteten die Protestparolen. Viele JournalistInnen kleideten sich angesichts dieses «Medienbegräbnisses» schwarz, und in Genf stellte die Menge nach einem Schweigemarsch symbolisch einen Holzsarg auf dem Friedhof ab. syndicom und Impressum unterstützen die Journalistinnen und Journalisten und fordern von Tamedia, ganz auf Kündigungen zu verzichten. Denn: Der Presse geht es zwar schlecht, aber Tamedia ist in Hochform.

Milchbüchleinblödsinn
Laut Tamedia «verzeichneten die beiden Zeitungen seit Anfang 2016 einen Rückgang von 14 Prozent bei den Werbeumsätzen». Gemäss Milchbüchleinrechnung soll nun der Personalbestand bei den Titeln um je 14 Prozent reduziert werden. Der Rückgang der Werbeeinnahmen lässt sich zwar nicht bestreiten, bestreiten lässt sich aber sehr wohl, dass es aus dieser Zwickmühle nur einen Ausweg gibt.
Die Unternehmensleitung verlangt bessere Leistung mit weniger Ressourcen, produziert dünnere Zeitungen unter der Woche und umfangreichere am Samstag. Das kann nicht aufgehen. Die Redaktionen fordern darum Tamedia zu Investitionen auf, nur so lässt sich das Vertrauen der LeserInnen und Inserenten zurückgewinnen.

Breite Unterstützung, schwierige «Gespräche»
Inzwischen richteten die Staatsräte der Kantone Waadt und Genf ein besorgtes Schreiben an Tamedia. Ihr Vermittlungsangebot wurde aber abgelehnt. Die Bürgermeister der grossen Waadtländer Städte forderten eine Aussetzung der Sparmassnahmen, im Waadtländer Grossrat wurde eine Erklärung verlesen und im Gemeinderat von Genf eine Resolution verabschiedet. Rund 200 Persönlichkeiten unterzeichneten einen Aufruf, und für die Petition «Nein zur Selbstversenkung der Westschweizer Regionalpresse» kamen über 5600 Unterschriften zusammen (Stand: 17. 10.).
Derweil besteht Tamedia darauf, dass dies keine Mas­sen­entlassung mit auszuhandelndem Sozialplan sei. Entsprechend schwierig gestalten sich die Verhandlungen. Nach mehreren fruchtlosen Gesprächsrunden, die von Tamedia herabmindernd als «Vorschlagssitzungen» bezeichnet wurden, begleiteten rund 50 RedaktorInnen ihre Verhandlungsdelegation am Montag, 17. 10., zu den Gesprächen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. In einer Medienmitteilung und auf ihren Facebook-Seiten erklärten die Redaktionen noch einmal ihren Standpunkt.
Bei Redaktionsschluss war noch unklar, wohin dieser Prozess führen wird. Wir aktualisieren unsere Berichterstattung deshalb laufend auf unserer Website und über die Social-Media-Kanäle.

Yves Sancey

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