Der ewige rechte Traum von der Zerschlagung der SRG

Der neuste Angriff auf die SRG ist nicht das Resultat eines Bierstammtisches bürgerlicher Jungpolitiker, sondern soll einen alten rechten Traum verwirklichen: die Zerschlagung der SRG aus ökonomischen und ideologischen Gründen.

Thomas Zimmermann, Leiter SGB-Kommunikation

Die gerne verbreitete Geschichte um die No-Billag-Initiative geht so: 2013 trifft sich eine Handvoll Jungrechter zum Biertrinken. Dabei kommt ihnen die Idee zur No-Billag-Initiative. Die Aktivisten aus Jungfreisinn, JSVP und der späteren libertären Splittergruppe UP machen sich ans Werk und bringen mit viel Engagement die Unterschriften für ihre radikale Initiative zusammen, obwohl sie weder von relevanten Organisationen noch von ihren Mutterparteien unterstützt werden. Eine beeindruckende «David-gegen-Goliath»-Story – sie ist aber falsch.

Doch von Anfang an: Die erste Anti-SRG-Organisation wurde bereits vor vier Jahrzehnten gegründet. Von Walther Hofer, SVP-Nationalrat und kalter Krieger. Seine «Schweizerische Radio- und Fernsehvereinigung» ritt als «Hofer-Club» Angriff um Angriff auf die SRG. Mit dabei ein jungrechter Politiker namens Christoph Blocher. Der «Hofer-Club» blieb nicht lange alleine. Immer neue Organisationen am rechten Rand der politischen Landschaft polemisierten gegen den «linken Staatssender» und sein angebliches Monopol. Neben der Ideologie ging es dabei auch immer ums Geschäft.

Während die SRG-Gegner mit ihren inhaltlichen Angriffen wenig Erfolg hatten, konnten sie Mitte der 1980er Jahre auf kommerzieller Ebene einen Erfolg verbuchen: der erste Verfassungsartikel für Radio und Fernsehen ermöglichte private Sender. Doch dem Goldrausch der etablierten Verlage und branchenfremder Finanzinvestoren folgte rasch der Kater. Der viersprachige und kleinteilige Schweizer Markt war schlicht zu klein. Sender mit nationalem Anspruch (z.B. TV3) scheiterten. Und wer heute noch privat sendet, überlebt – mit wenigen Ausnahmen – nur dank jährlich 60 Millionen Franken aus dem Gebührentopf.

Auch heute träumen die SRG-Gegner wieder vom grossen Reibach: Was einst die – von der Realität eindrücklich widerlegte – Vermutung war, man könne mit werbefinanzierten journalistischen Schweizer TV- und Radio-Angeboten viel Geld verdienen, ist heute die Vorstellung, mit einer zerschlagenen SRG würden die Werbegelder in die Kasse der einheimischen Verleger fliessen. Obwohl alle wissen, dass die grossen Profiteure vor allem die ausländischen Fernsehsender mit ihren Schweizer Werbefenstern wären. Mit der Übernahme von Goldbach neu auch Tamedia.

Doch das ist den ideologischen SRG-Gegnerinnen und –Gegnern egal. Denn sie wollen die unabhängigen SRG-Sender zerstören, um die öffentliche Meinung besser beeinflussen zu können. Und hier hat sich die Situation seit Anfang des 21. Jahrhunderts massiv verändert. Das finanzielle Potenzial der SRG-Gegner hat sich enorm vergrössert – vor allem die Bereitschaft einiger Schweizer Milliardäre, Geld in die Kontrolle der Medien zu investieren. Die Einkaufstour von Christoph Blocher ist ein eindrückliches Beispiel dafür, ebenso die undurchsichtige Geschichte um eine angebliche oder tatsächlich versuchte Übernahme von Ringier durch rechtsbürgerliche Kreise um SVP-Autoimporteur Walter Frey.

Und hier kommt dann wieder die Truppe um Oliver Kessler ins Spiel. Die angeblich so idealistische rechte Jugendbewegung stand keineswegs so alleine in der politischen Landschaft, wie die immer wieder aufgewärmte «David-Gegen-Goliath»-Erzählung uns weis machen will. Bereits ganz am Anfang steht eine sechsstellige Spende von Walter Frey (Ausspruch: «Wenn ich am Tisch sitze, spielt Geld keine Rolle»). Diese wurde von der «Wochenzeitung» enthüllt, der entsprechende Mails vorlagen. Massiv unterstützt wurde No-Billag auch vom Gewerbeverband, der seiner Zeitung Unterschriftenbögen beilegte. Was selbstverständlich auch die «Weltwoche» tat.

Fazit: Der neuste Angriff auf die SRG steht in einer langen Tradition rechter Politik. Sie ist weder die Folge «überbordenden Benehmens» oder einer «Arroganz» der SRG, noch ein Anliegen der Digital Natives, die wegen geändertem Medienverhalten angeblich alle auf die SRG pfeifen (und dann doch im Internet SRG-Medien konsultieren, wenn sie eine Nachricht auf den Wahrheitsgehalt prüfen wollen). Mit No Billag soll der alte rechte Traum von der SRG-Zerschlagung verwirklicht werden. Darum wurde die Initiative von Beginn weg mehr oder weniger offen inhaltlich und finanziell unterstützt.


Das rechte Netzwerk des No-Billag-Vormanns

Die Initianten sind am rechten Rand des politischen Spektrums bestens vernetzt. Das gilt insbesondere für den No-Billag»-Vormann Oliver Kessler. Er hat eine gefestigte politische und berufliche Laufbahn am rechten Rand hinter sich. Kessler (Jahrgang 1986) fiel schon als Gymnasiast politisch auf: Unter anderem als Webmaster eines Onlineforums, in dem rassistische und gewaltverherrlichende Äusserungen an der Tagesordnung waren. Die SVP wird zu seiner Partei. 2008 wird er kantonaler Parteisekretär. Nach einem kurzen Ausflug auf den Chefredaktoren-Posten der rechtsnationalistischen «Schweizerzeit» von Ex-SVPler Ulrich Schlüer, amtet er jetzt als Vizedirektor des «Liberalen Instituts». Dieser wirtschaftsliberale Thinktank gäbe es ohne grosszügige Unterstützung von Christoph Blocher wohl kaum mehr. Gleichzeitig hat Kessler keine Berührungsängste ins verschwörungstheoretische und antisemitische Milieu.

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