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Arbeit auf Abruf heisst nicht «nach Belieben»

 

Ich arbeite seit ungefähr drei Jahren in einem Callcenter. Im Arbeitsvertrag ist festgehalten, dass sich meine Einsätze nach dem vorhandenen Arbeitsvolumen richten und auf Abruf erfolgen – ich habe keinen Anspruch auf ein Mindestpensum. Bis diesen Februar konnte ich jedoch monatlich immer zwischen 80 und 100 Stunden arbeiten. Jetzt habe ich den Einsatzplan für März bekommen, worin ich nur für 40 Stunden eingeteilt bin. Mit einer solchen Reduktion bin ich nicht mehr in der Lage, meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Auf Anfrage hat mir meine Chefin mitgeteilt, dass ich in Zukunft nur noch mit einem Pensum in diesem Umfang rechnen könne, die Auftragslage sei schlecht. Muss ich das hinnehmen?

 

Arbeit auf Abruf zeichnet sich dadurch aus, dass die zu leistende Arbeit bezüglich Umfang und Lage nicht definiert ist und diese Parameter vom Arbeitgeber je nach Bedarf festgelegt werden. Das Arbeitsvolumen kann monatlich stark variieren. In deinem Fall ist die Sachlage nun aber so, dass du seit rund drei Jahren relativ konstant eingesetzt wurdest und darum auf Weiterführung dieses Arbeitspensums vertraut hast. Juristisch stellt sich die Frage, ob du – entgegen dem Wortlaut des Arbeitsvertrags, der den Anspruch auf ein Mindestpen­sum verneint – auf Zuweisung des gewohnten Arbeitsvolumens vertrauen durftest.

Die Gerichte haben diese Frage mehrfach dahingehend beantwortet, dass sich Angestellte bei längerer, in etwa konstanter Abrufhäufigkeit auf das gewohnte Pensum verlassen dürfen. Aus einer konstanten Monatsstundenzahl bzw. einer regelmässigen täglichen Arbeitszeit dürfen die Arbeitnehmenden in Abrufarbeitsverhältnissen schliessen, dass sich die Arbeit auf Abruf in ein Arbeitsverhältnis mit einem festen Beschäftigungsgrad umgewandelt hat und damit ein Anspruch auf Zuweisung von Arbeitseinsätzen im gewohnten Umfang besteht, solange das Arbeitsverhältnis andauert.

Damit du diesen Anspruch (nötigenfalls gerichtlich) durchsetzen kannst, ist es notwendig, dass du deinem Arbeitgeber mitteilst, dass du mit der Reduktion nicht einverstanden bist, und deine Arbeit weiterhin im gewohnten Umfang anbietest. Sollte der Arbeitgeber deiner Forderung nicht nachkommen, wiederhole Forderung und Arbeitsangebot per eingeschriebenem Brief. Wenn der Betrieb effektiv an der schlechten Auftragslage leidet und dein Pen­sum darum nicht aufrechterhalten kann, wirst du vermutlich gekündigt. Wenigstens hast du aber während der Kündigungsfrist noch Anspruch auf den Lohn im vollen Umfang. Auch beim RAV gibt es noch Spezialitäten zu beachten. Wir raten dir, dich umgehend auf deinem Regionalsekretariat zu melden.

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