Barbara Saladin - die freischaffende Journalistin

«Je mehr Fantasie, desto weniger Geld»

«Mein Büro ist bei mir zu Hause. Ich wohne in einem kleinen Dorf, und in die Stadt ist es ein langer Weg. Deshalb arbeite ich lieber daheim als in einem Coworking-Space. Auch wenn ich den fachlichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen in einer Bürogemeinschaft sehr schätzen würde. Dieser fehlt mir manchmal schon etwas. Wobei ich ja längstens nicht immer nur zu Hause bin. Es gibt Wochen, in denen ich viel unterwegs bin, und solche, in denen ich vorwiegend von zuhause aus arbeite. An meiner Arbeit gefällt mir genau diese Abwechslung – die örtliche und die inhaltliche. Mein Geld verdiene ich mit einem Mix aus Journalismus, literarischem Schreiben, dem Verfassen von Sachbüchern und lokalhistorischen Texten, aber auch klassischen PR-Texten. Zudem mache ich Pressearbeit für kulturelle Vereine, halte Lesungen und biete mit einer Freundin Themenwanderungen an. Und ich arbeite zeitweise in einem Kino.

«Einzelne Redaktionen entlöhnen Freie noch fair, die meisten aber längst nicht mehr.»

Dies habe ich mir zu Beginn meiner Selbständigkeit vor viereinhalb Jahren nicht so zurechtgelegt. Eigent lich bin ich ein Mensch, der Pläne nicht so mag. Ich hatte zwar Ideen, denen ich als Selbständigerwerbende nachgehen wollte. Alles Weitere hat sich dann aber ergeben.

Bis 2014 arbeitete ich bei einer kleinen Lokalzeitung und wurde dann aus Spargründen wegrationalisiert. Ich stand nun vor der Frage, ob ich zurück in meinen ursprünglich erlernten kaufmännischen Beruf gehe oder mir wieder eine Stelle auf einer Redaktion suchen will. Ersteres kam nicht in Frage und auch beim zweiten Punkt war relativ schnell klar: Ich habe genug von diesem Stress und grundsätzlich wenig Lust auf Tagesjournalismus. Ich ziehe Texte mit längerer Halbwertszeit vor.

Dass ich heute als Selbständige von meinem Einkommen leben kann, führe ich auf meinen Schreibmix zurück. Ich bin dadurch relativ breit abgestützt. Generell habe ich festgestellt: Je mehr Kreativität und Fantasie ich beim Schreiben einbringe, desto schlechter werde ich bezahlt. Oder anders ausgedrückt: Beim Krimischreiben verdiene ich, gemessen am Aufwand, im Normalfall verschwindend wenig, für einen PR-Text kann ich über 100 Franken pro Stunde verlangen. Für Zeitungen schreibe ich nicht mehr oft. Einzelne Redaktionen entlöhnen Freie noch fair, die meisten aber längst nicht mehr. Würde ich von der journalistischen Arbeit alleine leben wollen, bräuchte ich so viele Aufträge, dass ich das Pensum gar nicht bewältigen könnte.

Zurzeit möchte ich mich nicht fest anstellen lassen, ich bin zufrieden mit meinem ‹Sammelsurium›. Ich schliesse dies nicht generell aus. Das Stellenprofil müsste aber schon sensationell sein, quasi die Jahrhundertgelegenheit, dass ich dafür meine Selbständigkeit aufgeben würde.»

Mireille Guggenbühler, freischaffende Journalistin, Thun

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