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Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Ich arbeite als Journalistin in einem grossen Medienunternehmen. Ein Arbeitskollege äussert sich häufig mit sexuell anzüglichen Bemerkungen zu meiner Kleidung, manchmal auch vor anderen Arbeitskolleg: innen. Wenn ich ihn darauf anspreche, erklärt er seine Aussagen als Komplimente, die ich falsch verstehen würde. Mir ist nicht wohl dabei. Kann ich etwas dagegen unternehmen?

Art. 4 des Gleichstellungsgesetzes (GlG) verbietet sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, wobei jedes belästigende Verhalten sexueller Natur mittels Worten, Gesten oder Taten, das die Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz beeinträchtigt, dazugehört, insbesondere auch anzügliche Bemerkungen und sexistische «Witze». Hier gibt es keine falsch verstandenen Komplimente, denn nicht die Absicht ist entscheidend. Ist die sexistische Bemerkung für dich unerwünscht, gilt diese als sexuelle Belästigung. Dagegen solltest du dich rasch und bestimmt wehren, dies zeugt nämlich von mangelndem Respekt, verletzt die Würde, kann demotivieren oder sogar krank machen. Zuerst solltest du dem Arbeitskollegen mündlich klar machen, dass du sein Verhalten nicht tolerierst. Falls er mit der Belästigung nicht aufhört, solltest du ihn schriftlich zur Unterlassung auffordern, gleichzeitig Tagebuch über die Belästigungen führen und die zuständige Fachperson im Unternehmen, den Personaldienst oder deine:n Vorgesetzte:n informieren. Im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht muss der Arbeitgeber im Sinne des GlG intervenieren. Informiere dich, ob es in deinem Unternehmen ein Reglement gibt, das Rechte und Pflichten von Betroffenen sowie das geeignete Verfahren festlegt (allenfalls auch ein internes formelles Beschwerdeverfahren). Lässt sich schliesslich betriebsintern keine Lösung finden, kann kostenlos die kantonale Schlichtungsstelle angerufen werden.


Falls mein Arbeitgeber nicht intervenieren sollte, wie kann ich vorgehen? Habe ich eine Kündigung zu befürchten?

Wenn er nicht interveniert, kannst du ihn gestützt auf das GlG verklagen. Das Gericht kann einerseits anordnen, die bestehende Diskriminierung zu beseitigen (Art. 5 Abs. 1 GlG), andererseits dir eine Entschädigung zusprechen, wenn der Arbeitgeber nicht beweisen kann, dass er die nötigen Massnahmen getroffen hat (Art. 5 Abs. 3 GlG). Sollte dein Arbeitgeber, weil du einen Anspruch gemäss GlG geltend machst, das Arbeitsverhältnis tatsächlich kündigen, kannst du ihn vor Gericht auf eine Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung verklagen (Art. 10 GlG). Ein Kündigungsschutz von sechs Monaten ist zu berücksichtigen. Leider entfaltet aber eine missbräuchliche Kündigung Rechtswirkung und beendet dennoch das Arbeitsverhältnis. Im Gleichstellungsverfahren werden keine Verfahrenskosten erhoben, allenfalls Parteientschädigungen zugesprochen. Deine Gewerkschaft bietet hier Rechtshilfe an und deckt im Rahmen vom Berufsrechtsschutz auch die Kosten.


Wie kann ich gegen meinen Arbeitskollegen vorgehen? Schliesslich hat er mich herabwürdigend behandelt.

Parallel zum Gleichstellungsverfahren kann allenfalls eine Strafanzeige gegen den Belästigenden erhoben werden, wenn es sich um eine sexuelle Belästigung «in grober Weise durch Worte» im Sinne von Art. 198 Strafgesetzbuch handelt. Gemäss Bundesgericht ist diese anhand der konkreten Umstände und des Gesamtumfelds zu würdigen. Sie muss vom Standpunkt eines oder einer objektiven Betrachtenden aus klar erkennbar sein. Ausserdem muss die Belästigung bewiesen werden. Die Aussagen von Arbeitskolleg:innen können hilfreich sein. Die Strafanzeige ist innert drei Monaten seit der letzten Belästigung einzureichen.


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