KI und Prekariat
Viele der jüngsten Fortschritte der KI unter dem Paradigma des Machine Learning verdanken sich nicht nur hardware- oder softwaretechnischen Innovationen, sondern auch neuen Möglichkeiten, menschliche Urteilskraft rasch und billig für den Dienst an den Maschinen aufzubieten. Die KI braucht Wissenschaftler*innen und Expert:innen, sie braucht aber auch Hilfsarbeitende, die Lernmaterialien zusammenstellen und die Lernfortschritte der Systeme überwachen. Diese erledigen Aufgaben, die wenig Qualifikation erfordern, aber doch nicht automatisiert werden können.
Sie verfassen Bildlegenden, übersetzen kurze Texte, evaluieren Übersetzungen, verschriftlichen gesprochene Sprache, tippen handschriftlich ausgefüllte Formulare ab oder erfassen Krankheitssymptome. Sie arbeiten allein, vielfach ohne Arbeitsvertrag und ohne Sozialversicherung. Sie sind nicht Taglöhner:innen, sondern «Minutenlöhner:innen», denn die Aufgaben, die ihnen von internetbasierten Vermittlungsplattformen zugewiesen werden, lassen sich oft sehr schnell erledigen. Ihr Verdienst setzt sich zusammen aus Rappen-Beträgen. Sie sind die Gestrauchelten der Gig-Economy, die Habenichtse der Sharing Economy, die Randständigen des Crowdsourcing.
Sie bilden das KI-Prekariat. Man nennt sie auch Mikro-Jobber oder Clickworker. Es gibt sie weltweit, in Industriestaaten und Entwicklungsländern. Aber sie bleiben unerkannt. Deshalb wird ihre Arbeit auch als «ghost work» beschrieben, als Geisterarbeit.
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