«Die Flugsicherung befindet sich in einer Krise»
Der Skyguide-Vorstand syndicom hat sich autonom aufgebaut und sich selbst organisiert. Was sind die Herausforderungen bei Skyguide und was macht die Gewerkschaft dort? Co-Präsident Marco De Monaco berichtet aus erster Hand.
Text: Muriel Raemy
Foto: Sabine Rock

Skyguide hat 1500 Mitarbeiter:innen, die auf 14 Standorte verteilt sind. Der Hauptsitz des Unternehmens, das mehrheitlich dem Bund gehört, befindet sich in Genf.
Der neue Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für das AOT-Personal ist seit Anfang des Jahres in Kraft. Für Fluglotsen gilt ein anderer GAV. Was für Berufe habt ihr, du und deine Kollegen?
AOT ist die gesamte Administration, Operation und Technik, welche die Voraussetzungen schafft und sichert, dass die Fluglotsen ihre Aufgaben am Radarbildschirm und in der Kommunikation mit den Piloten und Nachbarleitstellen wahrnehmen können.
- Bei Administration finden wir neben dem HR und Facility Management etwa die Safety, welche z.B. in der Prävention von Ereignissen tätig ist.
- Bei Operation finden wir das Flugsicherungspersonal mit Aufgaben, die die Fluglotsen direkt bei der Arbeit unterstützen, ausserdem das Air Information Management. Das Flugsicherungspersonal durchläuft eine Zertifikats-Ausbildung, die bis zu zwei Jahre dauern kann.
- In der Technik finden wir Projektleiter, Ingenieure, Software-Entwickler, Informatiker, Kommunikationstechniker. Hier wird ebenfalls eine Zertifikats-Ausbildung durchlaufen, auch bis zu zwei Jahren. Die Abteilung stellt die Technologie für den Flugsicherungsdienst bereit, aber entwickelt auch neue Services für Effizienz, Sicherheit und optimale Unterstützung der Fluglotsen.
Selber bin ich im SMC (System Monitoring and Control) und überwache und kontrolliere alle relevanten Flugsicherungssysteme 24/7. Wir sind darum besorgt, immer ein sicheres Umfeld in der Luftraumüberwachung zu garantieren. Wir stellen sicher, dass die Systeme jederzeit eine hohe Verfügbarkeit aufweisen, und springen sofort ein bei Systemstörungen und beseitigen sie.
Ausserdem führen und begleiten wir die Kollegen der technischen Abteilung in ihren täglichen und nächtlichen Arbeiten, welche die Flugsicherungssysteme betreffen.
Das Unternehmen, das sich im Besitz des Bundes befindet, ist eher diskret. Im letzten Jahr hat Skyguide einige Turbulenzen durchlebt: technische Pannen, wachsender wirtschaftlicher Druck und ein Budget in den roten Zahlen. Was ist in diesem Bereich los?
Skyguide bewegt sich in einem komplexen technologischen Umfeld. Die regulatorischen Anforderungen in den technischen und operationellen Bereichen sind hoch, viele Systeme sind veraltet und müssen ersetzt werden. Zudem investiert Skyguide stark in die Ausbildung von Flugverkehrsleiter:innen und deren Bindung an das Unternehmen, was hohe Kosten verursacht.
Die Arbeiten müssen durchgeführt werden, während die Arbeit weitergeht, die Sicherheit des Flugverkehrs muss jederzeit gewährleistet sein. Daher muss viel Zeit in die Entwicklung und die Testumgebung investiert werden, damit die Systeme auch während der verkehrsarmen Zeiten, oft nachts, modernisiert werden können. Die Pannen der letzten Jahre zeigen die hohe Komplexität des Sektors und die Summen, die auf dem Spiel stehen. Das Geschäftsjahr 2024 schloss mit einem negativen Ergebnis ab.
Warum engagiert ihr euch in der Gewerkschaft?
Der Druck auf die Kolleg:innen ist gross. Im Moment beschäftigen uns interne Umorganisationen, neue Karrieremodelle, die unfaire Auswirkungen haben, sowie die vielen Nachtarbeiten bestimmter Kollegen. Viel Nachtarbeit wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus. Hier versuchen wir unsere Kollegen zu unterstützen und pflegen einen regelmässigen Austausch mit unserem Arbeitgeber.
Die Motivation besteht darin, den guten Gesamtarbeitsvertrag (GAV) AOT in einem sozialpartnerschaftlichen Umfeld zu erhalten und auszubauen.
Die Herausforderung besteht in der Umsetzung des Gesamtarbeitsvertrags, was immer wieder kollektive oder individuelle Fragen aufwirft. Zusätzlich sind wir bestrebt, die Mitglieder so gut als möglich zu betreuen und bei Bedarf als Schnittstelle tätig zu sein oder bei arbeitsrechtlichen Anliegen Begleitung zu sein. Im Vorstand haben wir auch ausgebildete Vertrauenspersonen.
Der syndicom-Vorstand organisiert sich selbst: wie funktioniert ihr?
Unser Vorstand besteht aus 13 Mitgliedern, 3 aus Genf und 10 aus Zürich (Dübendorf). Jedes Vorstandsmitglied soll Ansprechperson für die Mitglieder sein oder stellvertretend im Co-Präsidium einspringen können. Das Co-Präsidium trägt die Hauptlast und steht im engen Austausch mit dem Zentralsekretär.
Wegen der Schicht- und Nachtarbeiten ist die Planung nicht einfach. Unsere Jahresplanung ist bereits Ende Vorjahr ziemlich gefüllt mit Terminen mit dem Arbeitgeber oder syndicom. Der Zeitaufwand ist enorm, unser Arbeitgeber unterstützt uns jedoch und im Gesamtarbeitsvertrag haben wir Gewerkschaftstage für den Vorstand verankert.
Biografie von Marco de Monaco
Marco De Monaco wurde 1977 geboren und ist in Dübendorf aufgewachsen. Er hat eine technische Ausbildung in der ABB abgeschlossen und einen Techniker-HF-Abschluss in Nachrichtentechnik im Bereich Automatisierung absolviert.
Seit über 20 Jahren arbeitet er bei Skyguide als Flugsicherungstechniker in Zürich-Dübendorf. Zusammen mit Youssef Bahhaouy, der in Genf arbeitet, hat er das Präsidium des Branchenvorstands Flugsicherung inne.