© Pia Neuenschwander

Die Interessengruppe Migration hat 14 Mitglieder. Sie trifft sich mindestens viermal im Jahr. Dina El Sharbasi (mit Megafon) wurde kürzlich ins Präsidium gewählt, das sie mit Augustin Mukamba-Moyo (2. v. l.) teilt. Die langjährige Co-Präsidentin Fatima Lee (3. v. l.) ist in den Ruhestand getreten.

Wir migrantischen Arbeitnehmer:innen ohne Schweizer Pass haben keine politische Vertretung.

Aber in der Gewerkschaft zählt unsere Stimme!

Wir setzen uns dort genauso wie unsere Schweizer Kolleg:innen für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne ein.

Wir sind seit den Anfängen der Gewerkschaft dabei. Wir kommen oft aus Ländern, in denen die Gewerkschaftsbewegung aktiver ist und häufiger gestreikt wird, wie Frankreich oder Italien. Deshalb werden wir von Arbeitgebern manchmal mit Argwohn betrachtet.

Rassismus ist ein alltägliches Problem, auch unter Kolleg:innen. Bei Besprechungen reden alle Dialekt und wir haben Mühe, sie zu verstehen. Es ist hart, unsere Ausbildungen anerkennen zu lassen. Wir werden oft auf Grundlage von Stereotypen und Klischees beurteilt. Ein türkischer Journalist, der in einer Redaktion Arbeit suchte, bekam zu hören: «Du bist Türke, warum verkaufst du nicht Döner?»

Unsere Arbeitsbedingungen sind prekär und es ist schwieriger, uns zu verteidigen.

Aber wenn wir es nicht tun, wird es niemand für uns tun! Wir müssen über diese Themen sprechen. Ohne die andern anzugreifen oder zu beschuldigen – aber wir müssen zeigen, was tagtäglich passiert, und bestimmte Verhaltensweisen anprangern.

Die Gewerkschaften handeln, indem sie die Aufnahme von Antirassismusklauseln in die Gesamtarbeitsverträge (GAV) durchsetzen und durch politisches Lobbying für bessere Gesetze sensibilisieren. Die konkrete Anwendung stösst jedoch auf zahlreiche Schwierigkeiten: Diskriminierung ist selten nachweisbar. Wir erleben sie in allen Bereichen unseres Lebens: wenn wir uns bewerben, eine Wohnung suchen oder um einen Termin bitten. So viel Frustration und Wut!

Alles ist noch schwieriger in einem kleinen und noch sehr provinziellen Land, wo ein Zürcher in Basel wegen seines Dialekts als Fremder wahrgenommen wird, sobald er den Mund aufmacht. Wo es im Grunde immer jemanden gibt, der oder die fremder ist als du.

Viele Kämpfe liegen vor uns.

Zuerst gegen die SVP-Initiative «Nein zur 10-Millionen-Schweiz» mobilisieren, dann für die flankierenden Massnahmen zu den bilateralen Verträgen, um die Schwarzarbeit einzudämmen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und vor Lohndumping zu schützen. Wir sind ein wichtiger Bestandteil der Belegschaften, der Workforce, in der Schweiz!

Ohne sie läuft nichts: Migrant:innen in der Schweizer Arbeitswelt

Ein Drittel der Arbeitskräfte in der Schweiz sind Ausländer. Die Gewerkschaften stehen bei der Verteidigung ihrer Rechte an vorderster Front.

In der Schweiz machen Menschen mit einem ausländischen Pass rund 33% der Arbeitskräfte aus. Ohne sie würden Schlüsselsektoren der Wirtschaft – wie das Gesundheitswesen, das Gaststättengewerbe, der Tourismus und das Baugewerbe – nicht funktionieren. Dennoch werden migrantische Arbeitende nach wie vor unterbezahlt, diskriminiert und ausgegrenzt.

syndicom setzt sich, wie die anderen Gewerkschaften des SGB, seit jeher für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Migrant:innen ein. Sie tut dies durch ihre tägliche Gewerkschaftsarbeit, aber auch mit Interessengruppen wie der IG Migration, die denen eine direkte Stimme verleiht, die so oft ignoriert werden.

Migrant:innen halten die Wirtschaft am Laufen, verdienen aber weniger

Cyrielle Huguenot, die neue SGB-Zentralsekretärin für Migrationsfragen, war im April zu Gast in der IG Migration von syndicom. Ihre Botschaft ist klar:

Migrant:innen halten die Schweizer Wirtschaft am Laufen.

Ein paar wichtige Zahlen:

  • 70% der Migrant:innen im erwerbsfähigen Alter sind erwerbstätig.
  • Ohne Migrant:innen wäre das Schweizer BIP um 6 bis 7 Prozent niedriger.
  • Dennoch sind die Löhne von Migrant:innen im Durchschnitt 15 % niedriger als die von Personen mit Schweizer Pass.

Gewerkschaften als Raum für Partizipation und Schutz

Viele Migrant:innen sind nicht wahlberechtigt, aber in der Gewerkschaft zählt ihre Stimme. «In der Gewerkschaft hat jede und jeder die gleichen Rechte», betont Cyrielle Huguenot.

syndicom und Unia sind konkretes Beispiele dafür: Mehr als die Hälfte der Unia-Mitglieder haben einen ausländischen Pass. Auch innerhalb von syndicom arbeitet die IG Migration seit Jahren daran,

  • Lohndumping anzuprangern
  • gegen Diskriminierung zu kämpfen
  • die gewerkschaftliche Integration zu fördern.
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