«Die Gewerkschaft ist ein Ort des Widerstands und der Würde»
Text: Mattia Lento
Foto: Jana Leu

Mein Name ist Firas Shamsan und ich wurde 1986 in Dschidda geboren, einen Tag nach Beginn des Bürgerkriegs im Jemen. Meine Familie stammt aus Jemen, dieser Bürgerkrieg hat mein Leben tief geprägt. Ich musste mehrmals vor Krieg und Unterdrückung fliehen, aber ich habe immer an die Kraft der Kultur, der Kunst und der Kommunikation geglaubt, die Gesellschaft zu verändern.
Eine Kampagne für rauchfreie Räume
Schon als Kind habe ich Bücher verschlungen und habe geschrieben. In der Schule lehnte ich mich dagegen auf, dass Menschen auf Geheiss der Machthaber unwissend bleiben sollten. Noch in der Schule entwickelte ich eine Kampagne gegen das Rauchen in öffentlichen Räumen, die sich dann im gesamten Jemen und in mehreren Ländern des Nahen Ostens verbreitete. Das war eine Aktion gegen die herrschende Meinung in einem Umfeld, in dem sogar in Krankenhäusern geraucht wurde.
Journalismus und Aktivismus
Während meines Studiums der Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Universität Sana’a (Jemen) begann ich als Journalist zu arbeiten. Ich schrieb Artikel über die Zustände an der Universität und gründete eine Zeitungsbeilage für junge Menschen, eine Zielgruppe, die bis dahin von den jemenitischen Medien links liegen gelassen wurde.
Bald entstand meine Leidenschaft für das Kino, ich war begeistert von dem direkten Stil Michael Moores und drehte einen Dokumentarfilm über die Schulabbrecher:innen im Jemen, ein dringendes und kaum angepacktes Thema.
Unterdrückung und Exil
2011 nahm ich an den Aufständen des Arabischen Frühlings teil, um mehr Demokratie und soziale Gerechtigkeit zu fordern. Dieses Engagement hatte einen hohen Preis: 2014 wurde ich bei einer Reise nach Kairo verhaftet und gefoltert. Ich erlitt schwere Verletzungen und musste jahrelang am Stock gehen.
Trotz allem kehrte ich nach meiner Freilassung in den Jemen zurück, um meine Kulturarbeit weiterzuführen. Während einer von Konferenz, die ich organisiert hatte, wurde auch das Haus meiner Familie bombardiert. Verletzt musste ich erneut fliehen: erst nach Jordanien, dann nach Malaysia und schliesslich in die Schweiz, wo ich 2019 ankam.
Die Begegnung mit syndicom
2022 trat ich syndicom bei, um mich für meine Rechte als Journalist und Medienschaffender einzusetzen. Die Gewerkschaft ist für mich ein solidarisches Netzwerk, ein Ort, an dem ich Erfahrungen austauschen und mich beruflich weiterentwickeln kann. Sie ist auch ein Ort des Widerstands und der Würde. Diese Werte begleiten mich seit jeher.
Suche nach der Königin von Saba
Derzeit arbeite ich an einem Filmprojekt über jemenitische und Schweizer Frauen, die eine führende politische Rolle innehatten. Der Dokumentarfilm trägt den Titel «Searching for Sheba», die Suche nach der legendären Königin von Saba. Ich bin in mehrere Länder gereist, um jemenitische Frauen im Exil zu treffen und ihren Geschichten eine Stimme zu geben.
Ich will die junge Generation – in der Schweiz wie im Jemen – inspirieren und eine Brücke zwischen Kulturen aufspannen.
Biografie von Firas Shamsan
Firas Shamsan, 1986 in Dschidda, Saudi-Arabien, geboren, ist ein Autor, der sich zwischen Literatur, Journalismus, Film und Kommunikation bewegt.
Im Rahmen des Programms «Writers in Exile» der Stadt Bern (die Mitglied des «International Cities of Refuge Network» ist) erhielt Firas 2019 ein Stipendium und konnte als verfolgter Autor in der Schweizer Hauptstadt leben und Projekte realisieren. In «A Walk to Myself», einem Videopodcast, erzählte er zusammen mit anderen Autor:innen von Bern und seinem Exil in der Schweiz.