Was muss ich tun?

Du musst nicht an diesem Gespräch teilnehmen. Dein Arbeitgeber ist verpflichtet, deine Persönlichkeit und deine Gesundheit zu schützen. Hast du ein ärztliches Zeugnis, das eine Arbeitsunfähigkeit belegt, musst du weder zur Arbeit noch persönlich zu einem Gespräch erscheinen.

Dein Arbeitgeber kann dir zwar allgemeine Anordnungen und besondere Weisungen über die Ausführung der Arbeit nach Artikel 321d OR erteilen. Dieses Recht wird aber unter anderem durch den Schutz der Persönlichkeit eingeschränkt, der in Artikel 328 OR vorgesehen ist. Wenn dich dein Arbeitgeber zu einem Gespräch vorlädt, obwohl du krank bist, übt er – in einem Zeitpunkt, wo du schon gesundheitlich angeschlagen bist – unnötigen Druck auf dich aus.

Wichtig: Weder dein Vorgesetzter noch HR haben Anspruch darauf, über deine Diagnose oder deine medizinische Behandlung informiert zu werden.

  • Nach Artikel 5 Buchstabe c des Datenschutzgesetzes gelten Daten über die Gesundheit als besonders schützenswerte Personendaten. Solche Daten dürfen daher nur mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Person bearbeitet werden. Du musst deinem Vorgesetzten und HR also lediglich deine Arztzeugnisse zukommen lassen.
  • Artikel 321d OR verlangt, dass du dich an den Grundsatz von Treu und Glauben hältst: Du musst deine Arztzeugnisse regelmässig rechtzeitig an den Arbeitgeber schicken, damit er die Einsätze planen kann.

Mein Arbeitgeber verlangt von mir ein zusätzliches Arztzeugnis, das meine Unfähigkeit belegt, zu diesem Gesundheitsgespräch zu erscheinen. Muss ich zu meiner Ärztin gehen?

Dein Arbeitgeber darf von dir kein zusätzliches Zeugnis verlangen, das bestätigt, das du nicht an diesem Gespräch teilnehmen kannst. Bezweifelt dein Arbeitgeber, dass dein Arztzeugnis begründet ist, kann er einen Vertrauensarzt für ein Gutachten beiziehen.

Darf mich mein Vorgesetzter regelmässig anrufen oder sogar besuchen, unter dem Vorwand, dass er sich um meinen Gesundheitszustand sorgt?

In Artikel 321a OR steht, dass die Arbeitnehmenden die Interessen des Arbeitgebers wahren müssen. Das bedeutet auch, dass sie eine gewisse Verpflichtung zur Schadensminderung haben. Diese findet ihre Grenzen im Persönlichkeitsschutz. Du musst also erreichbar bleiben.

Regelmässige Anrufe ohne triftigen Grund (z. B. kein Artzeugnis, geplante Wiederaufnahme der Arbeit) verstossen gegen Artikel 328 OR. Besuche bei dir zu Hause sind nicht zulässig und könnten als Hausfriedensbruch nach Artikel 186 Strafgesetzbuch betrachtet werden.

Darf mir mein Arbeitgeber kündigen, wenn ich nicht an diesem Gesundheitsgespräch teilnehme?

Eine Kündigung unter diesen Umständen würde nach Artikel 336 OR als missbräuchlich betrachtet werden. Dieser Artikel konkretisiert das allgemeine Verbot des Rechtsmissbrauchs nach Artikel 2 Absatz 2 OR.

Unabhängig davon, aus welchen Gründen der Arbeitsvertrag aufgelöst wird, kann sich die Kündigung als missbräuchlich erweisen – dann, wenn der Arbeitgeber seine Pflicht zum Schutz der Persönlichkeit und Gesundheit der Arbeitnehmenden vernachlässigt.

Im Fall einer missbräuchlichen Kündigung besteht Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen. In einigen Gesamtarbeitsverträgen sind höhere Entschädigungen vorgesehen.

Wichtig: Auch bei einer missbräuchlichen Kündigung kann die Kündigung an sich nicht in Frage gestellt werden. Die Kündigung bleibt also wirksam, wenn der Arbeitgeber daran festhalten will.

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