Die Gewerkschaften des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB) setzen sich tagtäglich für Gleichstellung am Arbeitsplatz ein.

2025 ist diese Gleichstellung aber noch lange nicht erreicht:

  • Durchschnittlich verdienen Frauen 16,2 % weniger als Männer – und ein grosser Teil dieses Unterschieds lässt sich nicht erklären.
  • Das Gleichstellungsgesetz ist zu wenig bekannt und gelangt zu wenig zur Anwendung, während die Zahl der Klagen wegen sexueller Belästigung stetig steigt.
  • Und die weltweite Zunahme reaktionärer Rhetorik bremst derzeit jede Form von Unternehmenspolitik für mehr Gleichstellung, Inklusion und Diversität.

Macht und Leiden am Arbeitsplatz

Gewerkschafter:innen sind häufig mit Leidensdruck am Arbeitsplatz konfrontiert, der von den Machtstrukturen und einem Zwang zur Performance herrührt. Dieser ständige Druck schadet der Gesundheit und der Work-Life-Balance, er betrifft alle Arbeitnehmenden – aber Frauen sind doppelt belastet: Sie sollen im Beruf funktionieren, «wie wenn sie keine Familie hätten», und ihre Familie managen, «als ob sie nicht erwerbstätig wären».

Feministische Fragen

Dominanz am Arbeitsplatz ist eine feministische Frage. In der Arbeitswelt zählen vielfach «männliche» Codes – Stärke, Leistung, Autorität, Macht – immer noch mehr als Respekt und Gleichstellung. Werden Probleme am Arbeitsplatz aus einer Genderperspektive analysiert, sind diese Mechanismen besser verständlich, Hindernisse lassen sich erkennen und effizienter bekämpfen. Wer diese Sichtweise nicht kennt oder nicht versteht, übersieht ein ganzes System, das konkrete Fortschritte bremst.

Kollektiv gegen Kapitalismus

Der Kapitalismus stützt sich auf die geschlechtsspezifische Spaltung der Arbeit und auf männliche Dominanz: Ignoriert man diese Realität, ist echte Gleichstellung nicht möglich. Unsere Gewerkschaftsorganisationen müssen die Genderperspektive deshalb konsequent in ihre Kämpfe aufnehmen.

Die feministische Streikbewegung ist wegweisend: Der Kampf ist zugleich kollektiv, gewerkschaftlich und feministisch. Wenn wir uns organisieren, können wir Ungleichheiten wirksamer verhindern, Betroffene besser unterstützen und eine echte Gleichstellung vorantreiben.

Gewerkschaftsarbeit ist auch ein feministischer Kampf.
Und der 14. Juni bleibt ein entscheidendes Datum in diesem Kampf.

Die Genderperspektive:
Keine abstrakte Theorie – ein Werkzeug für mehr Gerechtigkeit

Die Gewerkschaft ist aus dem Kampf gegen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten am Arbeitsplatz hervorgegangen. Wir treten seit jeher für Respekt, einen würdigen Lohn und anständige Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmenden ein. Aber damit unser Engagement wirksam bleibt, müssen wir unsere Berufe, unsere Forderungen und unsere gewerkschaftlichen Praktiken mit Blick auf die unterschiedlichen Situationen von Frauen und Männern analysieren. Das ist keine abstrakte Theorie, sondern ein konkretes Instrument, um zu verstehen, weshalb sich Ungleichheiten trotz Gesetzen und sozialen Fortschritten bis heute gehalten haben.

Realitäten:

  • Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer – auch in gleichen Positionen.
  • Sie sind häufiger prekär beschäftigt und arbeiten häufiger Teilzeit oder in «systemrelevanten», aber schlecht bezahlten Berufen.
  • Sie sind einer Doppelbelastung von Erwerbsarbeit und dem Grossteil der Haus- und Familienarbeit ausgesetzt.
  • Auch im Gewerkschaftsleben sind Frauen in Entscheidungspositionen weniger präsent – vielfach, weil Sitzungszeiten oder die interne Kultur ihre Bedürfnisse nicht berücksichtigen.

Warum ist das ein Kampf der Gewerkschaften?

Ungleichheit betrifft nicht nur «die Frauen», sondern die gesamte Arbeitswelt:

  • Tiefere Löhne für die Frauen ziehen sämtliche Löhne nach unten.
  • Prekarität schwächt unsere kollektiven Rechte und vergrössert die Spaltung.
  • Mangelnde Repräsentation führt dazu, dass die Gewerkschaft die Stimmen und Erfahrungen eines Teils ihrer Mitglieder nicht einbeziehen kann.

Wenn wir die Genderperspektive berücksichtigen, stärken wir unsere Verhandlungsfähigkeit und können uns besser für die Rechte aller einsetzen.

Was heisst das konkret?

  • Wir müssen uns immer die Frage stellen: «Kommt diese Forderung Frauen und Männern gleichermassen zugute?»
  • Wir nehmen in unsere Verhandlungen auch Forderungen zur Lohngleichheit, Elternzeitregelung und Schutz vor Belästigung auf.
  • Wir kämpfen gegen die Kultur der Härte im Management, da sie für alle auf allen Stufen toxisch ist.
  • Wir passen unsere internen Praktiken an (Sitzungszeiten, Berücksichtigung der familiären Verpflichtungen, Förderung der Durchmischung in unseren Gremien).
  • Wir schulen unsere Aktivist:innen dafür, Genderungleichheiten zu erkennen und dagegen vorzugehen.

Eine Gewerkschaft, welche die Arbeitswelt aus der Genderperspektive betrachtet, ist repräsentativer, kämpferischer und damit wirksamer.

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