Digitalisierung: das neue Geschäft mit unseren Renten
Text: Gabriela Medici / SGB /
Es braucht Vorteile für die Versicherten, nicht für die Finanzindustrie.
Oft wird behauptet, die Menschen verstünden die Altersvorsorge nicht. Dieses Argument wird gerne genutzt, um den Ruf nach mehr Finanzberatung oder gar nach dem Zugang der Banken zu allen Vorsorgedaten zu rechtfertigen. Doch das Problem liegt nicht bei den Versicherten, sondern bei den komplizierten und uneinheitlichen Informationen.
Die Digitalisierung bietet hier grosse Chancen. Doch aktuell funktioniert sie noch nicht im Sinne der Versicherten. Heute fliessen viel Geld und Ressourcen in eine Vielzahl von sogenannten IT-Pools der AHV-Ausgleichskassen. Das führt zu hohen Kosten, ohne dass die Versicherten direkt etwas davon haben. Statt viele Systeme nebeneinander weiterzubetreiben, wäre es besser, die Digitalisierung stärker zu zentralisieren. So könnten Kosten gespart und allen Versicherten ein gleich guter Zugang ermöglicht werden – egal, bei welcher Ausgleichskasse sie sind.
Genau das schlägt der Bundesrat mit einer Vorlage vor, die er hoffentlich bald dem Parlament übergibt. Das geplante Gesetz zur Digitalisierung der AHV (BISS) schafft die Grundlage für eine moderne, effiziente und transparente Verwaltung der 1. Säule. Sie zielt darauf ab, Abläufe zu vereinfachen, den Datenaustausch zwischen Versicherten, Arbeitgebern und Ausgleichskassen zu verbessern und so die AHV fit für das digitale Zeitalter zu machen. Der SGB unterstützt diese Stossrichtung klar. Gleichzeitig fordern wir, dass die Digitalisierung nicht bei der Verwaltung stehenbleibt: Es braucht einen digitalen AHV-Ausweis mit Frühwarnsystem, der den Versicherten jährlich eine Übersicht über ihre Beitragsjahre liefert und frühzeitig auf Lücken hinweist. Nur so können drohende Renteneinbussen verhindert und das Vertrauen in die AHV gestärkt werden. Dies ist umso wichtiger, als mittlerweile jede fünfte Person Beitragslücken aufweist.
Zugang der Versicherer zu Vorsorgedaten?
In der 2. Säule, also bei den Pensionskassen-Renten, drohen hingegen grosse Gefahren. Banken, Versicherer und Beratungsfirmen drängen immer stärker darauf, direkten Zugang zu den Vorsorgedaten zu erhalten. Genau dies verlangt auch der Vorstoss Ettlin, der in den nächsten Tagen im Nationalrat debattiert wird. Der SGB lehnt dies entschieden ab. Denn es geht dabei nicht um Transparenz für die Versicherten, sondern um ein neues Geschäftsfeld für die Finanzbranche. Schon heute entscheiden sich immer mehr Versicherte für den Kapitalbezug statt für die Rente – mit grossen Risiken für ihre finanzielle Sicherheit. Statt sichere Renten zu gewährleisten, werden Altersguthaben in riskante Anlageprodukte gelenkt. Die Folge: Arbeitnehmende werden dazu verleitet, Kapital zu beziehen – und tragen dann das volle Risiko alleine. Beratungsfirmen wie das VZ profitieren davon, während die kollektive Sicherheit der 2. Säule untergraben wird und letztlich eine Erhöhung der Ausgaben für die Ergänzungsleistungen drohen.
Die Lösung ist deshalb nicht mehr Beratungsgeschäft für die Finanzindustrie, sondern klare, verständliche und einheitliche Ausweise – in der AHV wie in der 2. Säule. Transparenz schafft Sicherheit, ohne neue Abhängigkeiten von Banken und Versicherern.