Barbara, Cosima, Deborah – Illustratorin und zweimal Grafikdesignerin. Wie seid ihr zu euren Berufen gekommen?

Barbara: Ich habe schon als Kind immer gezeichnet, wusste da aber noch nicht, dass man damit Geld verdienen kann (lacht). Nach der Polygrafinnenlehre habe ich dann während der Berufsmatura den Studiengang Illustration entdeckt.

Cosima: Meine Mama ist sehr kreativ und machte mir den künstlerischen Vorkurs schmackhaft, um die Bandbreite dieser Berufe kennenzulernen. Bei der Grafik blieb ich schliesslich hängen.

Deborah: Bei mir wars auch das Umfeld, das schon immer sagte, du zeichnest gut, bist kreativ – so machte ich ebenfalls den Vorkurs und entschied mich schnell für Grafik.

Barbara, du hast bei syndicom den Bereich Illustration mitgegründet. Wie kam es dazu?

Barbara: Nach dem Studium stehst du da und weisst eigentlich gar nicht, wie das nun beruflich geht. Man lernt das in der Ausbildung nicht. Es ist eher so: Tschüss, mach! Ich hätte mir eine Anlaufstelle gewünscht, bei der man Informationen bekommt. Wie viel verlange ich für eine Illustration? Wie sieht es mit den Rechten aus? Was geschieht, wenn der Kunde nicht zufrieden ist?

Dann haben meine heutige Geschäftspartnerin und ich halt gesagt: Lass uns diese Plattform sein! Wir sammelten Fragen, besprachen sie mit Illustrator:innen, die schon länger im Beruf sind, und gründeten howthef.ch. Schnell wurde uns dann klar, dass wir das professionalisieren müssen, und syndicom war der richtige Ort dafür. 2020 war es so weit.

Und wie fanden die Grafiker:innen zu den Illustrator:innen bei syndicom?

Cosima: Als Debby und ich uns selbständig gemacht hatten, 2020, gingen wir mit einem Haufen Fragen auf Michael Moser zu (den Zentralsekretär Medien, Grafische Industrie, Visuelle Kommunikation, Buch- und Medienhandel). Die Unterlagen, die wir erhielten, sahen aus wie aus dem Jahr 1990, da meinten wir: Das sollte man mal etwas überarbeiten. Aus einem saloppen Spruch entstand dann eine Zusammenarbeit. Uns war zu Beginn gar nicht bewusst, dass wir nun eine eigene Berufsgruppe gründen (lacht). Zum Glück konnten wir uns an den Unterlagen der Illustrator:innen orientieren, die haben ja ein super Starter-Kit. Seit etwa zwei Jahren arbeiten wir nun enger zusammen.

Ihr habt alle drei schon viel erreicht für eure Berufsgruppe und steht beruflich erfolgreich auf eigenen Beinen – was motiviert euch denn noch, so aktiv bei syndicom weiterzuarbeiten?

Barbara:

Neue Herausforderungen tun sich auf, gerade mit der ganzen KI-Thematik.

Das braucht momentan unglaublich viel Energie! Wir müssen stets dranbleiben. Darum gibt es nun seit Oktober neben dem Starter-Kit auch das Profi-Kit für Kolleg:innen, die schon länger im Beruf sind. Dann: Vernetzungen! Gemeinsam für uns einstehen, gerade gegenüber KI oder schlicht auch gegen den unfairen Wettbewerb und Dumpingpreise.

Deborah: Genau. Nur weil man angefangen hat, läuft es ja dann nicht von selbst. Man steht in der Selbständigkeit immer wieder vor neuen Problemen, und da ist ein Austausch enorm wichtig. Es ist mega cool, mit den Kolleg:innen gemeinsam Themen zu besprechen und zu erarbeiten. Wir organisieren Ateliertalks, daraus greifen wir dann wieder Themen und Inputs auf, die gerade aktuell sind.

Die Gewerkschaft ist für mich ein Ort, bei dem es darum geht, wie ich arbeite und nicht was.

Awards gewinnen oder Arbeiten zeigen, das kann man andernorts, hier sprechen wir über die Themen hinter der Arbeit. Das ist total wichtig.

Cosima: Gerade während Corona haben wir enorm gemerkt, was es ausmacht, nicht alleine dazustehen. Eine Gemeinschaft zu wissen, syndicom im Rücken, die auch für unsere Erwerbsausfallentschädigung gekämpft hat. Und wenn wir in Ateliertalks plötzlich zu hören bekommen, dass unsere Arbeit hier gesehen wird und dass sie anderen hilft, dann wissen wir, es lohnt sich!

Deborah: Als ich noch angestellt war, hat mir diese Gemeinschaft weniger gefehlt. Darum ist die Berufsgruppe wohl auch aus Selbständigen entstanden, die nicht die klassischen Gewerkschaftsthemen im Zentrum haben. Aber es funktioniert, und es kommen nun auch angestellte Grafiker:innen dazu und es ist cool, dass wir und syndicom offen sind für alle!

Was ist momentan eure grösste Herausforderung?

Barbara: Hochaktuell ist natürlich die KI. Aber es ist nicht nur die neue Technik, die uns das Leben schwer macht, sondern die oftmals fehlende Wertschätzung der Kund:innen. Nicht nur, dass sie das Gefühl haben, ein Computer macht das ganz schnell genauso gut, sondern auch von uns verlangen sie schnellere und günstigere Arbeit. Das ist total schwierig, weil dann vielfach die Zeit für die Ideenfindung fehlt.

Cosima: Es ist halt noch immer sehr viel Unwissen vorhanden. Dass eine Grafik oder eine Illustration nicht einfach «ein bisschen zeichnen» ist, sondern noch viel Arbeit rundherum enthält. Die Leute haben oft das Gefühl: Wir könnten doch einfach die Vorlage machen, und sie machen dann den Rest, um Geld zu sparen. Darum müssen wir mit Kampagnen immer wieder auf unsere Arbeit aufmerksam machen…

Deborah: Wir sind eigentlich auf die Frage zurückgefallen: Was ist unsere Arbeit wert? Deshalb überlegen wir uns einen Zukunftstag zum Thema «Was verändert sich in der Grafik, wie verändert sich unser Job?» Da spielt KI eine Rolle, aber eben auch die Arbeitsweise, die sich verändert.

Wir müssen unsere Arbeit verteidigen.

Wir müssen wieder klar machen, was hinter unserer Arbeit steht. Das hört vielleicht nie auf…

Noch einen Blick zurück: Was habt ihr bereits alles erreicht? Auf was seid ihr stolz?

Cosima: Eine schöne Frage! So oft schauen wir auf das, was wir nicht erreicht haben. Dabei ist da schon ganz viel passiert. Frischere Unterlagen. Eine super Community. Oder Rückmeldungen wie: Wegen euch hab ich jetzt auch AGB. Dass die Leute mit unseren Unterlagen arbeiten. Und natürlich die Freundschaften, die entstanden sind.

Deborah: Neben den handfesten Unterlagen haben wir eben auch einen ungezwungenen Ort des Austausches geschaffen…

Cosima: …wo man auch merkt: Die anderen haben dieselben Probleme. Zusammen wütend sein, das hilft manchmal auch…

Barbara: Ja. Wie bei uns in der Illustration bei den Stammtischen, das Pendant zu euren Ateliertalks. Ich bin natürlich stolz, dass wir das Ganze überhaupt gestartet haben! Dass wir vom Nichtwissen so weit gekommen sind! Das tut gut.

Ein Erlebnis, das ich persönlich sicher nicht mehr vergessen werde: Als ein Kunde von sich aus sagte, ich brauche ja sicherlich noch die Angaben für die Nutzungsrechte. Da dachte ich: Ja! Es klappt! Wir erreichen etwas. Es funktioniert!

Biographie

Deborah Kipfer, 32, wohnt in Bern, besuchte den Vorkurs direkt nach der Schule und schloss vor zehn Jahren die Grafikausbildung in Luzern gemeinsam mit Cosima ab. Sie arbeitete erst mit ihr zusammen in einer Agentur, bevor sie sich selbständig machten. Neben «The Projekt Black» arbeitet sie in der Gastro.

Barbara Seiler, 36, wohnt in Brig-Glis. Nach der Polygrafinnenlehre hat sie während der Berufsmatura den Studiengang Illustration entdeckt.Gemeinsam mit einer Freundin gründete sie die Firma «Illunauten». Zu ihren beruflichen Erfolgen zählen die beiden Sonderbriefmarken «75 Jahre Berghilfe» (2018) und «100 Jahre Eringerviehzuchtverband» (2020). 2025 erschien ihr Bilderbuch «Aymo und der Schatz der Kröte».

Cosima Mattioli, 36, wohnt in Olten. Seit 2020 führt sie mit Deborah Kipfer das Grafikstudio «The Project Black». Sie ist zudem Reisebegleitung für Gruppenreisende im Zug zu Start- oder Zielorten von Flusskreuzfahrten. 2012 kam sie zu syndicom.

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