Das Referendum eines Komitees von Jungpolitiker:innen der SVP und FDP gegen die geplante Erhöhung der Presseförderung von 50 auf 85 Millionen Franken jährlich, befristet auf sieben Jahre, ist Anfang Juli 2025 glücklicherweise gescheitert. Die nötige Unterschriftenzahl wurde nicht erreicht. Diese Gelder werden also gewährt, doch trotz der willkommenen Förderung drohen weitere Zeitungen zu verschwinden. Diesen Sommer war für die Printmedien keine Entspannung in Sicht.

Reihenweise Schliessungen

Am 17. Juni kündigte die TX Group an, dass die gedruckte Ausgabe von 20 Minuten in der Schweiz – also auch von 20 minutes und 20 minuti – bis Ende 2025 eingestellt wird. Bis zu 80 Vollzeitstellen und langfristig auch die Redaktionen in Basel, Genf, Luzern und St. Gallen sind gefährdet.

Nur zwei Wochen später musste das Westschweizer Radio und Fernsehen RTS einen Abbau von fast 70 Vollzeitstellen bekanntgeben. Die vom Bundesrat beschlossene Senkung der Radio- und Fernsehabgabe auf 300 Franken – und die zusätzliche Bedrohung durch die SVP-Initiative «200 Franken sind genug» – setzen den Service public unter Druck: Bis 2026 sollen 16,5 Millionen Franken eingespart werden. Sollte die Volksinitiative angenommen werden, verlieren wir Tausende Stellen.

Mediensterben in der Romandie

Kleinere Medien sind bereits in einer existenziellen Krise. Ende Juli wurden die Zeitungen La Région (nördlicher Teil der Waadt) und Messager (Bezirk Vivisbach im Kanton Freiburg) zum letzten Mal gedruckt. Grund: Die Kürzung der Bundessubventionen für die Zeitungszustellung.

Neben Fernsehen und Presse steckt aufgrund sinkender Hörerzahlen auch das Radio in einer grossen Krise. Die Media One Group hat im Frühling zehn Kündigungen bekanntgegeben. Der Sender M Le Média in Crissier (VD) hat vor Kurzem geschlossen. Das in Bern beschlossene und bestätigte Versprechen der Umstellung auf DAB+ war nicht eingehalten worden.

Im März hatte das Parlament eine Aufstockung der indirekten Presseförderung um 35 auf 85 Millionen Franken beschlossen. Damit sollen die Zustelltarife für gedruckte Zeitungen und Zeitschriften vergünstigt werden. Die Förderung ist auf sieben Jahre befristet und soll die Umstellung auf digitale Formate erleichtern. Eine unverzichtbare Hilfe – die für einige Medien aber zu spät kommt.

Petition für 20 Minuten

Für die im Juli lancierte Petition kamen innert Stunden Tausende Unterschriften zusammen. Die Petition mit dem Titel «Nehmen Sie sich 20 Sekunden Zeit, um 20 Minuten zu retten» erinnerte daran, dass die Umstrukturierung bei TX «einem grossen Teil der Bevölkerung den einfachen, schnellen und kostenlosen Zugang zu Informationen vorenthalten» wird.

syndicom sieht die geplante Zusammenlegung der Redaktionen in der Deutsch- und Westschweiz kritisch. Durch diese Konzentration wird die Medienvielfalt der Sprachregionen geschwächt, die in der mehrsprachigen Schweiz super wichtig ist. Die Schliessung der Regionalredaktionen bedeutet eine weitere Abkehr von den Regionen und schadet dem Lokaljournalismus. syndicom verurteilt die destruktive Strategie der TX Group und unterstützt die Beschäftigten bei der Verteidigung ihrer Arbeitsplätze, ihrer Zeitung und ihres Berufs.

Wirtschaftsmodell in der Krise

Das Parlament hat die neue Presseförderung auf sieben Jahre befristet. Diese Gelder sollten nach Auffassung der Mehrheit die Umstellung der Medienhäuser auf digitale Formate erleichtern, ohne einen als «Auslaufmodell» geltenden Vertriebsweg zu subventionieren. Doch die Presse kämpft um ihr Überleben.

Ihre Werbeeinnahmen, abgeschöpft von den Internet-Plattformen, schrumpfen weiter. In 17 Jahren haben sich laut der Stiftung Werbestatistik Schweiz fast zwei Drittel der Werbeumsätze der Printmedien in Luft aufgelöst: von 1,75 Milliarden Franken 2007 sind sie bis 2024 auf weniger als 650 Millionen geschrumpft. Das konnte nicht mehr durch Geld aus Abonnementen oder digitalen Angeboten kompensiert werden.

Google, Apple, Meta, Amazon, Microsoft erobern den Werbemarkt. Vor allem Google und Facebook setzen auf sehr lokale Werbung.

Stephanie Vonarburg:

Sie nutzen die redaktionellen Inhalte von Medienhäusern und Journalist:innen, ohne etwas dafür zu bezahlen.

Damit sie auf lange Sicht überleben können, hoffen die Verleger vor allem auf die Einführung eines Leistungsschutzrechts. Es würde die grossen Plattformen verpflichten, sie für genutzte redaktionelle Inhalte zu vergüten. Noch dieses Jahr wird über einen Gesetzentwurf des Bundesrates beraten.

Der Bundesrat schlägt vor, dass die Vergütung nicht nur auf den Besucherströmen im Internet basiert, sondern auch auf der journalistischen Leistung. «Wir begrüssen diese nachhaltige Finanzierungsquelle, von der auch kleinere Verlage profitieren», sagt Stephanie Vonarburg.

Die Mitarbeitenden stehen zusammen gegen die TX Group

Am 24. Juli traf sich die Personalvereinigung SDC von 20 Minuten und matin.ch in Begleitung von syndicom mit der Geschäftsleitung der TX Group. Ziel des Treffens war es, der Geschäftsleitung eine Reihe von Alternativen zu den angekündigten Massenentlassungen vorzulegen. Die Vorschläge reichten von möglichen Einsparungen bis hin zu konkreten Ideen für zusätzliche Einnahmen und zielten darauf ab, die Entlassungen zu begrenzen. Die Geschäftsleitung von 20 Minuten lehnte jedoch alle rund fünfzehn Vorschläge systematisch ab.

Für Stephanie Vonarburg, Vizepräsidentin von syndicom und Verantwortliche für den Sektor Medien, ist es

«unverständlich, dass bei 20 Minuten, der Cash Cow der TX Group, drastische Einsparungen auf Kosten der Medienfachleute und des technischen Personals vorgenommen werden müssen. Anstatt die Medienvielfalt zu fördern, wird sie erneut geschwächt – und das mitten in einer demokratischen Krise.

Die Mitarbeitenden sind bereit, weitere Kampfmassnahmen zu ergreifen, um die Position ihres Arbeitgebers anzufechten.

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