Ein Festival für die Zukunft des Journalismus
Das erste Journalismusfestival der Romandie mit dem Titel «Presstival» fand am 7. Juni in Biel statt. Um die 800 Personen kamen zu den Vorträgen, Workshops und Gesprächen über die Zukunft der Presse. syndicom war auch da und erinnerte daran, wie wichtig würdige Arbeitsbedingungen für die Fachleute der Information sind.
Text: Muriel Raemy
Fotos: Carole Lauener
Speed-Dating zwischen dem Publikum und Journalist:innen war nur eines der Formate, die im Rahmen des ersten Westschweizer Journalismusfestivals «Presstival» am 7. Juni im Stadion Gurzelen in Biel angeboten wurden.
Das Organisationskomitee hatte mit enormem Einsatz alles vorbereitet und ein beeindruckendes, dichtes Programm zusammengestellt: Debatten über Diversität in den Redaktionen, Diskussionen über die Darstellung der Konflikte in der Ukraine und in Gaza, Überlegungen zur Medienfinanzierung und zu den Entgelten der Medienschaffenden, eine Masterclass über Bildrechte für Fotojournalist:innen oder über Humor in der Berichterstattung…
Auf einem den Themenbühnen befassten sich Vortragende mit Herausforderungen wie dem Erfolg der digitalen Medien, der Medienvielfalt oder der Rolle von KI. In einer Jurte berichteten Journalist:innen aus aller Welt über ihre Erfahrungen. Auf dem Programm standen auch ein Radio, Podcasts und Pressezeichnungen. Insgesamt waren 28 Westschweizer und 6 internationale Medien in Biel vertreten.
Lösungen für die Krise
Das Festival wurde von jungen Journalist:innen ins Leben gerufen, die sich um ihre Zukunft sorgen. Die prekären Arbeitsbedingungen, das Titelsterben und das Ende des Zeitungsdrucks treffen die Branche hart.
Für Mathilde Matras, Regionalsekretärin Medien bei syndicom, ist Journalismus nicht möglich ohne starke Gewerkschaft in allen Sektoren der Kommunikation – insbesondere auch der Post und der Telekommunikation: «Ich kämpfe dafür, dass wir gemeinsam die Presseverteilung und die Druckereien erhalten und den Zugang zu Netzwerken überall zum gleichen Preis ermöglichen.» Zu den aktuellen Herausforderungen meint sie: «Der Journalismus ist – wie die andern von syndicom vertretenen Sektoren – eine Aufgabe der Grundversorgung. Information ist ein öffentliches Gut, und daher muss jede Senkung der Abgabe für öffentlich-rechtliches Radio und TV verhindert werden.»
Wie leben von diesem Beruf?
Hauptsorge bleiben aber die Löhne und Entgelte. Die Gespräche am syndicom-Stand drehten sich alle um die Frage, wie man vom Journalismus leben kann.
Lohndumping ist in der Branche sehr weit verbreitet. An einem Podiumsgespräch erzählten zwei Journalist:innen vom ständigen Kampf mit den Verlegern. «Sie halten sich nicht an die GAV-Ansätze, was den Wettbewerb zwischen den Kolleg:innen verschärft. Und die Löhne und Entgelte sinken», bestätigt Mathilde Matras.
Im Gesamtarbeitsvertrag für die Romandie sind Ansätze von 594 Franken pro Tag und 327 Franken pro Halbtag vorgesehen. Häufig wird einfach der Halbtags-Ansatz angewendet, ohne Rücksicht auf den Zeitaufwand für die Recherche, Interviews und das Schreiben des Textes oder die Textlänge. «Ein:e Journalist:in allein kann sich nicht gegen diese Bedingungen wehren. Wir müssen Solidarität aufbauen», sagt Mathilde Matras.
Teil einer Berufsgemeinschaft sein
Pauline Rumpf, Journalistin, Mitglied des Organisationskomitees und von syndicom, ist der Meinung, dass das Festival es geschafft hat, einen Dialog auf den Weg zu bringen. Nach Schätzungen des Komitees zählte das Presstival rund 800 Teilnehmer:innen.
«Das Festival war ein Erfolg, denn es brachte isolierten und unter ständigem Druck stehenden Journalist:innen positive Impulse. Es vermittelte ihnen wieder das Gefühl, Teil einer Berufsgemeinschaft zu sein, einer lebendigen Branche mit vielen engagierten Menschen, die sich für den Erhalt und die Neuerfindung des Berufs einsetzen wollen. Dieser kollektive Aspekt, der von der Basis ausgeht, lag uns besonders am Herzen. Die Rückmeldungen, die wir erhalten haben, gehen vielfach in diese Richtung.» Der Erfolg des ersten Presstivals verdeutlicht, wie wichtig es ist, gemeinsam für einen würdigen, pluralistischen und zugänglichen Journalismus einzustehen.