Datenschutz: Darf der Chef Auswertungen der Arbeitsergebnisse veröffentlichen?
Mein Arbeitgeber hängt seit längerer Zeit regelmässig Auswertungen unserer Arbeitsergebnisse am schwarzen Brett aus. So kann jeder in unserem Team sehen, wie die anderen arbeiten und was für Leistungen sie erzielen. Unser Team hat bisher immer gute Leistungen erbracht; durch diese Aushänge steigt aber der Druck auf jeden Einzelnen immer mehr – und dies belastet die Zusammenarbeit im Team. Es kommt auch immer öfter zu Streitigkeiten mit den Vorgesetzten und niemand fühlt sich mehr richtig wohl. Können wir uns gegen diese Aushänge wehren?
Bei der Arbeitsleistung handelt es sich um Personendaten. Diese werden durch das Datenschutzgesetz (DSG) geschützt. Solche Personendaten dürfen nur «rechtmässig» bearbeitet werden, das heisst, die Bearbeitung muss durch das Gesetz erlaubt sein, die betroffene Person muss einverstanden sein oder es muss ein überwiegendes Interesse bestehen. Aushänge, wie Du sie erwähnst, sind auch eine Datenbearbeitung und deshalb nur zulässig, wenn die Arbeitnehmenden einverstanden sind oder wenn ein anderes Interesse, hier zum Beispiel das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers, höher gewichtet wird. Im Arbeitsrecht sieht Art. 328b des Obligationenrechts (OR) eine spezielle Bestimmung vor, die den Arbeitnehmenden davor schützt, dass eine Datenbearbeitung in seine Persönlichkeitsrechte eingreift. Gemäss dieser Bestimmung dürfen Daten über den Arbeitnehmenden nur bearbeitet werden, wenn dies für das Arbeitsverhältnis notwendig ist.
Dass Arbeitserfolge oder Qualitätsergebnisse der Arbeitnehmenden im Betrieb veröffentlicht werden, ist für das einzelne Arbeitsverhältnis nicht notwendig. Will der Arbeitgeber die Produktivität anregen oder die Mitarbeiter auf ungenügende Leistungen aufmerksam machen, darf er Ergebnisse und Auswertungen aushängen, wenn sie anonymisiert sind. Oder er könnte an einer Teamsitzung allfällige Probleme ansprechen.
Das wirtschaftliche Interesse kann im vorliegenden Fall nicht gewichtiger sein als das Recht auf Daten- und Persönlichkeitsschutz, denn es gibt andere Möglichkeiten für den Arbeitgeber, eure Leistungen mit euch zu besprechen. Da eure Leistungen bisher immer gut waren, ist es darüber hinaus unnötig und unzulässig, euch auf diesem Weg Druck zu machen. Das Gesetz erlaubt eurem Arbeitgeber solche Aushänge also nicht und es besteht auch kein übergeordnetes Interesse. Sofern ihr also nicht eure Einwilligung zu den Aushängen gebt, verstösst das Verhalten eures Arbeitgebers gegen die Bestimmungen des Datenschutzrechts und des Arbeitsrechts.
Das Verhalten eures Arbeitgebers verstösst zudem nicht nur gegen eure Rechte, die im Daten- und Persönlichkeitsschutz im Zusammenhang mit der Datenbearbeitung gründen, sondern auch gegen seine allgemeine Fürsorgepflicht. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, auf das Wohl des Arbeitnehmers zu achten. Unter diese Pflicht fällt auch, dass sich der Arbeitgeber anständig gegenüber den Mitarbeitenden verhält und sie nicht gegeneinander aufhetzt. Ein negatives Klima, vor allem auch, wenn es durch den Arbeitgeber verursacht wird, kann auf die körperliche und psychische Gesundheit der Arbeitnehmenden schlagen, ihre Ehre verletzen oder gegen die Sittlichkeit verstossen. All dies bedeutet eine Verletzung der Fürsorgepflicht. Da die Aushänge mit Daten zu Leistungen und Qualitätsergebnissen bei euch zu einer unangenehmen, gereizten Atmosphäre und Zusammenarbeit geführt haben und der Arbeitgeber dies verursacht und geduldet hat, liegt ein Verstoss gegen seine Fürsorgepflicht vor.
Der Datenschutz und die Fürsorgepflicht lassen es also nicht zu, dass eure Leistungen auf einem Aushang dargestellt werden. Ihr könnt somit vom Arbeitgeber ohne Weiteres verlangen, dass er diese Informationen vom schwarzen Brett entfernt. Tut er das nicht, könnt ihr gerichtlich verlangen, dass diese Aushänge abgenommen werden. Zudem habt ihr unter Umständen Anspruch auf Schadenersatz und Genugtuung.
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