Ich bin Drucker und arbeite im Betrieb mehrheitlich alleine an derselben Druckmaschine. Ich bin deshalb auch verantwortlich für deren Reinigung und Wartung. Nach einem grösseren Defekt an der Maschine wurde mir vorgeworfen, ich würde die Wartung nicht sachgemäss vornehmen. Ich war vor dem Ausfall der Maschine drei Wochen in den Ferien und hatte eine Stellvertretung. Mein Chef kündigte mir an, man würde mir bei der nächsten Lohnzahlung einen Lohnrückbehalt von einem halben Monatslohn machen, um die Kosten für den Schaden an der Maschine sicherzustellen. Dürfen sie das?
Ein Lohnrückbehalt dient als Sicherheit für bereits entstandene oder für künftige Forderungen des Arbeitgebers gegenüber der angestellten Person aus dem Arbeitsverhältnis. Diese Forderungen müssen inhaltlich selbstverständlich berechtigt sein. Der Arbeitgeber darf den Rückbehalt nur dann verwerten, wenn er dir nachweisen kann, dass du den Schaden absichtlich oder fahrlässig verursacht hast. Da du die letzten drei Wochen vor Eintritt des Schadens in den Ferien warst, bestehen berechtigte Zweifel daran, dass du für den Schaden überhaupt verantwortlich bist.
Das Gesetz sieht vor, dass ein Lohnrückbehalt gemacht werden kann, sofern ein solcher verabredet, üblich oder im Normal- oder Gesamtarbeitsvertrag vorgesehen ist. Im GAV für die grafische Industrie ist jedenfalls keiner statuiert. Folglich ist zu klären, ob in deinem Einzelarbeitsvertrag oder im Betriebsreglement die Möglichkeit eines Lohnrückbehalts grundsätzlich vorgesehen ist.
Das Gesetz begrenzt einen Lohnrückbehalt in zweierlei Hinsicht: Erstens darf das Total des Rückbehalts die Höhe eines Wochenlohns nicht überschreiten, zweitens darf der Lohnrückbehalt pro Monat maximal einen Zehntel des Lohnes ausmachen. Hiervon kann nur im Rahmen eines Normal- oder Gesamtarbeitsvertrags abgewichen werden. Ein Lohnabzug darf überdies nicht in das Existenzminimum des Arbeitnehmers eingreifen. Sofern es die Möglichkeit des Lohnrückbehalts in deinem Arbeitsverhältnis gibt, hat der Arbeitgeber diese gesetzlichen Begrenzungen zu berücksichtigen.
Die Hälfte eines Monatslohnes abzuziehen, ist somit doppelt unzulässig: Es überschreitet nämlich sowohl den pro Zahltag möglichen Rückbehalt (ein Zehntel) als auch den Totalbetrag (Lohn für eine Arbeitswoche). Der Arbeitgeber kann stattdessen über mehrere Monate den Lohn im Umfang von jeweils einem Zehntel zurückbehalten, bis die Schadensumme oder – falls früher – der Lohn für eine Arbeitswoche erreicht ist. Ich empfehle dir deshalb, vom Arbeitgeber zunächst die Klärung des Sachverhalts und gegebenenfalls die Auszahlung des Rückbehalts zu verlangen. Wir unterstützen dich gerne dabei.
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