Nach 10-jähriger Tätigkeit für den gleichen Arbeitgeber habe ich mündlich den Bezug eines dreimonatigen unbezahlten Urlaubs mit meinen Arbeitgeber vereinbart, um eine längere Auslandreise machen zu können. Zu Hause zurück, finde ich das Kündigungsschreiben meines Arbeitgebers in der Post. Nachdem niemand den eingeschriebenen Brief auf der Post abgeholt hatte, wurde mir dieser per normaler Post zugestellt. Dem Schreiben entnahm ich, dass man mir unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist von zwei Monaten das Arbeitsverhältnis gekündigt hat, und zwar bereits drei Wochen nach meiner Abreise. Was soll ich tun?

Kündigung während eines unbezahlten Urlaubs ist im Prinzip zulässig. Arbeitsleistung und Lohnzahlung ruhen zwar, jedoch besteht das Arbeitsverhältnis mit Rechten und Pflichten weiter. Die Frage ist erstens, ob dir die Kündigung gültig zugestellt wurde, und zweitens, ab wann die Kündigungsfrist eigentlich zu laufen anfängt.

Eine Kündigung ist immer «empfangsbedürftig». Sie gilt als zugestellt, wenn sie im Machtbereich des Adressaten eingetroffen ist. Dir wurde ein Einschreiben geschickt. Weil der Brief nicht abgeholt wurde, gilt juristisch bereits der letzte Tag der Abholfrist als Empfangsdatum, die Kündigung wurde also in der Tat gültig zugestellt.

Unabhängig von der Zustellung ist die Frage nach dem Beginn der Kündigungsfrist: Der Arbeitgeber hat dir mit Wissen um deine Abwesenheit gekündigt. Eine Kündigungsfrist hat aber den Sinn und Zweck, der gekündigten Person Zeit für die Stellensuche einzuräumen. Du konntest erst nach deiner Rückkehr Kenntnis von der Kündigung nehmen und hattest vorher keinen Anlass, dich um eine neue Stelle zu bemühen. Da dies dem Arbeitgeber bewusst war, beginnt die Kündigungsfrist erst nach Ablauf deines unbezahlten Urlaubs.

Entsprechend läuft das Arbeitsverhältnis ab diesem Zeitpunkt für die Dauer der zweimonatigen Kündigungsfrist weiter, und der Arbeitgeber ist verpflichtet, dir gegen Erbringung der Arbeitsleistung den Lohn zu bezahlen.

Sollte sich dein Arbeitgeber auf einen früheren Kündigungstermin berufen, wäre dies als missbräuchlich zu bezeichnen: Mit einer Kündigung während des Urlaubs hätte der Arbeitgeber erreicht, die Kündigungsfrist nicht zahlen zu müssen. Zudem hast du den unbezahlten Urlaub im Vertrauen bezogen, nach dessen Ablauf weiterbeschäftigt zu sein, was es zu schützen gilt.

Teile deinem Arbeitgeber umgehend eingeschrieben mit, dass die Kündigungsfrist erst nach Ablauf des unbezahlten Urlaubs zu laufen beginnt und du für die Zeit der Kündigungsfrist deine Arbeitsleistung anbietest. Für den Fall, dass man sich auf einen früheren Beginn der Kündigungsfrist beruft, erhebe sofort Einsprache wegen missbräuchlicher Kündigung.

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