Ich arbeite seit einigen Jahren in einer Druckerei. Bei uns gilt der Gesamtarbeitsvertrag der grafischen Industrie leider nicht. Es gibt immer wieder Diskussionen zwischen Mitarbeitenden über den Umgang mit den Einsatzplänen oder zu den Anstellungsbedingungen. Wir würden gerne einige Änderungen vorschlagen, vor allem zum Gesundheitsschutz. Wenn wir uns einzeln einbringen, werden wir jedoch nicht ernst genommen. Eine Kollegin aus einer anderen Druckerei meinte, wir sollen eine Arbeitnehmendenvertretung wählen und unsere Anliegen kollektiv einbringen. Haben wir das Recht auf eine solche Vertretung im Betrieb?

Das Thema ist im Mitwirkungsgesetz geregelt. Es ist auf alle Betriebe in der Schweiz anwendbar. Eine Arbeitnehmendenvertretung kann in jedem Betrieb mit mindestens 50 Mitarbeitenden eingesetzt werden (Art. 3). Sie ist nicht nur für die Arbeitnehmenden wichtig und nützlich, sondern auch für die Arbeitgebenden. Denn diese sind in der Pflicht, die Arbeitnehmenden über Neuerungen, Änderungen und wesentliche Begebenheiten im Betrieb zu informieren, wenn sie durch diese direkt betroffen sind (Art. 9). In einigen Bereichen sieht das Gesetz zwingend eine Information und/oder Konsultation der betroffenen Arbeitnehmenden vor, so bei der Arbeitssicherheit und dem Arbeitnehmendenschutz, bei Massenentlassungen, Betriebsübergang oder Wechsel der Pensionskasse (Art. 10). Die Arbeitnehmenden haben in diesen Bereichen das Recht, Fragen zu stellen und Vorschläge einzubringen. Besteht keine Arbeitnehmendenvertretung, muss der Arbeitgeber jede:n einzelne:n Mitarbeitende:n informieren und gegebenenfalls anhören (Art. 4).

Welche Voraussetzungen braucht es und wie kann ich konkret in meinem Betrieb vorgehen?

Besprich dies mit deinen Arbeitskolleg:innen und stelle mit einer Petition sicher, dass ein Fünftel oder (bei mehr als 500 Angestellten) 100 Arbeitnehmende eine Arbeitnehmendenvertretung wünschen. Übergebt die Petition dem Arbeitgeber und verlangt die Durchführung einer geheimen Abstimmung. Diese wird in Zusammenarbeit mit der Arbeitgeberin organisiert und durchgeführt. Will die Mehrheit eine Vertretung, können sich Interessierte zur Wahl aufstellen. Sobald die Vertretung gewählt ist, empfiehlt es sich, mit der Arbeitgeberin ein Mitwirkungsreglement zu verhandeln.

Wenn ich mich zur Wahl stelle und gewählt werde, wird mein Aufwand an die Arbeitszeit angerechnet oder muss ich das in meiner Freizeit machen?

Deine Tätigkeit für die Arbeitnehmendenvertretung kannst du während der Arbeitszeit ausüben. Der zulässige Umfang wird in der Regel im Mitwirkungsreglement festgelegt.

Wenn ich mich für die Interessen der Arbeitnehmenden einsetze, riskiere ich nicht die Kündigung?

Nein, als Mitglied der Arbeitnehmendenvertretung geniesst du gemäss Mitwirkungsgesetz einen besonderen Schutz. D. h. die Arbeitgeberin darf dich bei der Ausübung nicht behindern und darf dir deswegen – auch wenn du aus der Vertretung ausscheidest – nicht kündigen. Dies gilt übrigens auch, wenn du dich zur Wahl stellst, jedoch nicht gewählt wirst. Bei Fragen wende dich an syndicom, wir unterstützen dich gerne

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