Ich arbeite Vollzeit als Zusteller für die Schweizerische Post (Fünftagewoche). Am 12. Januar 2025 hatte ich einen Unfall beim Skifahren und riss mir das Kreuzband. Mein Knie ist heute wieder voll belastbar. Nach dem Unfall konnte ich mehr als 4 Monate nicht arbeiten.
Seit dem 2. Juni 2025 bin ich wieder voll arbeitsfähig. Mir wurde mitgeteilt, dass mein Ferienanspruch aufgrund meiner langen, unfallbedingten Abwesenheit gekürzt wird. Ist das zulässig?
Gestützt auf Ziffer 2.14.5 des GAV Post kann die Post deinen Ferienanspruch im Sinne von Art. 329b OR kürzen, wobei das Kalenderjahr die Grundlage für die Berechnung der Ferienkürzung bildet. Eine Ferienkürzung nach Art. 329b OR ist erst ab dem zweiten vollen Monat der Arbeitsunfähigkeit erlaubt und zwar um 1/12 pro weiteren vollen Monat Abwesenheit. Eine Arbeitsverhinderung fordert nur dann Berücksichtigung, wenn sie auf einen Arbeitstag fällt, daher wird beim Begriff des Monats im Sinne von Art. 329b OR auf einen Arbeitsmonat abgestellt, nicht auf die Kalendertage. Eine praxistaugliche Annäherung sind 21,75 Tage pro Monat.
Rechnen wir deinen Fall einmal durch: Die unfallbedingte Abwesenheit dauerte vom 13. Januar 2025 bis und mit 1. Juni 2025. Du warst also gesamthaft während 100 Arbeitstagen arbeitsunfähig. Abzüglich der Schonfrist von einem Monat (21,75 Tage) betrug die Abwesenheit 78,25 Tage.
Die 78,25 Tage wiederum dividiert durch 21,75 Tage/Monat ergibt 3,59 Monate. Somit ist eine Kürzung um 3/12 des Jahresferienanspruchs möglich, weil du abzüglich Schonfrist mehr als drei ganze Monate unfallbedingt abwesend warst.
Bereits letzten Dezember hatte ich für Anfang Oktober 2025 zwei Wochen Ferien beantragt. Diese wurden bewilligt. Wer bestimmt über den Zeitpunkt des Ferienbezugs und kann ich die Oktoberferien trotz unfallbedingter Abwesenheit Anfang dieses Jahres beziehen?
In Ziffer 2.14.2 des GAV Post wird geregelt, dass Ferien grundsätzlich während des betreffenden Kalenderjahrs zu beziehen sind und Mitarbeitende vor der Festlegung des Zeitpunkts der Ferien anzuhören sind. Die Arbeitgeberin entspricht den Wünschen
der Mitarbeitenden, sofern dies betrieblich möglich ist. Das letzte Wort betreffend Zeitpunkt der Ferien hat aufgrund des Weisungsrechts nach Art. 321 d OR die Arbeitgeberin.
Sofern die bewilligten Ferien nicht mit Verweis auf betriebliche Gründe widerrufen worden sind und du unter Berücksichtigung der Kürzung über genügend Ferientage verfügst, kannst du die geplanten Ferien beziehen.
Mein Vorgesetzter wird die Post bald verlassen. Weil die Zusammenarbeit mit ihm stets angenehm war, möchte ich ein aktuelles Zwischenzeugnis. Wie muss ich vorgehen?
Du musst bei deinem Vorgesetzten ein Zwischenzeugnis verlangen. Nach Art. 330a Abs. 1 OR kann dieser Anspruch jederzeit von Arbeitnehmenden bei der Arbeitgeberin geltend gemacht werden. Der Arbeitgeber hat keine Pflicht, unaufgefordert und periodisch ein Arbeitszeugnis zugunsten der Arbeitnehmenden auszustellen. Auch bei einem Vorgesetztenwechsel besteht – ohne ausdrückliches Verlangen der betroffenen Arbeitnehmenden – keine gesetzliche Pflicht zur Ausstellung eines Zwischenzeugnisses. Vielerorts ist es üblich, dass Arbeitgeber bei einem Vorgesetztenwechsel ein Zwischenzeugnis ausstellen, da dies als eine Art Leistungsbeurteilung für die bisherige Tätigkeit gesehen wird.