Über eine Suchmaschine habe ich herausgefunden, dass einige meiner Artikel von einer Firmen-Website publiziert werden, ohne dass ich je angefragt worden wäre. Als freischaffender Journalist mit einem Spezialgebiet bin ich darauf angewiesen, meine Geschichten selber aktiv mehrfach verwerten zu können. Was kann ich gegen solche Abkupferer unternehmen?

Als Journalist hast Du mit dem Artikel ein Werk geschaffen, das eine geistige Schöpfung mit individuellem Charakter darstellt und das deshalb vom Urheberrechtsgesetz (URG) geschützt ist. Du hast damit das ausschliessliche Recht zu bestimmen, ob, wann und wie das Werk verwendet wird (Artikel 10 URG). Dies jedenfalls dann, wenn Du Deine Urhebernutzungsrechte nicht bereits einem Verlag abgetreten hast. Es gibt recht viele Verlage, die von ihren Freien weitere Nutzungsrechte verlangen. Hier ist Vorsicht geboten! syndicom empfiehlt allen Freien, ihre Nutzungsrechte wenn überhaupt nur gegen angemessene Entschädigung abzutreten. Wer eine dubiose Vereinbarung vorgesetzt erhält, meldet sich vor der Unterschrift am besten bei seiner Gewerkschaft.

Im vorliegenden Fall hatte der Autor der erstpublizierenden Zeitung zwar recht umfangreiche Nutzungsrechte abgetreten. Dies jedoch nicht exklusiv, so dass er seinen Beitrag auch einer Fachzeitschrift und der Mitgliederzeitung eines Verbandes zum einmaligen Abdruck verkaufen konnte. Der erwähnten Firma Z. jedoch hat weder er selber noch einer der drei Verlage die Nutzung genehmigt. Es liegt daher eine Urheberrechtsverletzung vor.

Wer in seinem Urheberrecht verletzt wird, kann vom Gericht insbesondere verlangen, dass die Verletzung beseitigt (Artikel auf der Website vollständig löschen) und dass ein Schadenersatz bezahlt wird (Artikel 62 URG). Die Krux liegt aber in der Bemessung des Schadens. Meist liegt keine Vermögenseinbusse vor, und wenn der Journalist einzig den entgangenen Gewinn geltend macht, kommt die Firma gleich gut weg wie eine Firma, die vorbildlich angefragt hätte, ob sie den Artikel auch publizieren darf. Es ist also durchaus angezeigt, von der Firma Z. mehr zu verlangen als ein einfaches Zweitnutzungshonorar – eventuell sogar eine Genugtuung. Letzteres, wenn der Autor darlegen kann, dass er dieser bestimmten Firma die Publikation verweigert hätte, weil ein solcher Abdruck seine journalistische Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit beschädigen könnte.

Wenn immer möglich lohnt es sich, in solchen Fällen zuerst eine aussergerichtliche Lösung zu suchen. Dies, indem der Journalist zuerst mit einem Schreiben und Telefonanruf direkt bei der Firma vorstellig wird und eine unbürokratische Erledigung des Falles anbietet, wenn die Firma das Honorar plus Aufwandentschädigung innert kurzer Frist bezahlt. Wenn dies nicht zum Ziel führt, hilft das syndicom-Sekretariat gerne mit einer gewerkschaftlichen Intervention und – wenn nötig und erfolgversprechend – mit einer Klage vor Gericht weiter. Auch ProLitteris bietet Unterstützung: für diejenigen Medienschaffenden, die im Mitgliedschaftsvertrag die Option Multimediarechte gewählt haben, kann die Verwertungsgesellschaft auf der Basis eines speziellen Tarifs der fehlerhaften Firma Rechnung stellen.

Im vorliegenden Fall half die gewerkschaftliche Intervention: Zuerst versuchte die Firma zu argumentieren, dass sie an der Publikation des Artikels gar nichts verdient und dass sie den Artikel im Internet «gefunden» habe. Eine Hinweis auf die Rechtslage führte zum Umdenken: Die Firma löschte den Artikel und bezahlte dem Journalisten eine Entschädigung von 800 Franken.

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