Im Sommer 2022 erlangte ich den Bachelor Graphic Design. Da ich anschliessend als Grafik Designerin keinen Job finden konnte, trat ich anfangs Jahr eine Stelle als Praktikantin in der Vorstufe einer Druckerei an. Vorgesehen war ein auf ein halbes Jahr befristetes Praktikum, danach hätte mich die Druckerei festanstellen wollen. Welche Rechte habe ich als Praktikantin?

Da es keine gesetzlichen Bestimmungen gibt, welche das Arbeitsverhältnis im Praktikum regeln, empfiehlt sich immer auf einen schriftlichen Praktikumsvertrag zu bestehen. Darin sollen die wesentlichen Vertragspunkte geregelt werden, insbesondere der Lohn, eine Probezeit und Kündigungsmöglichkeiten, da diese bei befristeten Arbeitsverhältnissen gesetzlich nicht vorgesehen sind. Wenn kein Praktikumsvertrag vorhanden ist, hast Du als Praktikantin – wie jede Angestellte – von Gesetzes wegen Anspruch auf bezahlte Ferien, auf ein Arbeitszeugnis, die Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeiten und einen Unfallversicherungsschutz. Beträgt das Arbeitspensum mehr als acht Stunden in der Woche, ist auch eine Versicherung gegen Nichtberufsunfälle Pflicht. Darüber hinaus gelten für Praktikant:innen die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages für die Grafische Industrie, falls der Betrieb unter den Geltungsbereich dieses GAV fällt. Gemäss diesem haben die Praktikant:innen mindestens fünf Wochen Ferien im Kalenderjahr und eine Höchstarbeitszeit von 40 Wochenstunden.

Im Juni unterbreitete mir der Chef einen weiteren auf drei Monate befristeten Praktikumsvertrag zu denselben Lohnbedingungen anstelle des unbefristeten Arbeitsvertrages. Habe ich nach dem halben Jahr Berufserfahrung kein Recht auf eine unbefristete Anstellung und einen höheren Lohn?

Du hast während eines halben Jahres die Arbeitsleistung im Rahmen des Praktikumsvertrages erbracht, demnach hat der Arbeitgeber zu begründen, warum Deine Leistungen nicht für eine Festanstellung genügen sollen. Deswegen sollten in einem Praktikumsvertrag auch die Ziele festgelegt werden. Die Entlohnung ist ebenfalls gesetzlich nicht geregelt. Da beim Praktikum der Ausbildungscharakter im Zentrum steht, ist ein tieferer Lohn gerechtfertigt. Der Praktikumslohn ist reine Verhandlungssache. Wenn der GAV zur Anwendung kommt, dann können allenfalls die Bestimmungen zum Lohn für Ungelernte und für Lernende als Verhandlungsbasis herangezogen werden. Jedenfalls gilt es, sich an den Branchenlöhnen zu orientieren.

Im September bot man mir erneut ein Praktikumsvertrag an. Ist das erlaubt?

Ein Praktikum dient der Ausbildung. Es ist somit nicht erlaubt, mehrere Praktika hintereinander beim gleichen Betrieb, auf dem gleichen Arbeitsgebiet und zu denselben Arbeitsbedingungen zu absolvieren. Dabei handelt es sich analog zur Rechtsprechung des Bundesgerichts zu den befristeten Arbeitsverhältnissen um verbotene Kettenarbeitsverträge. Damit werden rechtliche Ansprüche zum Schutz der Angestellten umgangen. Dagegen kannst Du Dich wehren, wobei Dich syndicom gerne berät, wenn Du Mitglied bist. Auch setzt sich unsere Jugendsekretärin gegen solche Missbräuche ein.

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