Ich arbeite in der Netzinfrastruktur. Mein Arbeitgeber ist Mitglied des Schweizer Netzinfrastrukturverbands, der mit syndicom den Branchengesamtarbeitsvertrag abgeschlossen hat. Daher unterstehe ich diesem Branchen-GAV. Ich möchte eine berufsbegleitende Weiterbildung absolvieren, die mich beruflich besser qualifiziert und meine persönlichen und sozialen Kompetenzen erweitert. Muss mich mein Arbeitgeber bei der Weiterbildung unterstützen?

Du kannst deinen Arbeitgeber nicht auf dem Rechtsweg verpflichten, dich bei der Weiterbildung zu unterstützen. Du kannst aber argumentieren: Da dich die Weiterbildung für deine Tätigkeit besser qualifiziert, kommt sie direkt deinem Arbeitgeber zugute. Und du kannst Artikel 7.10 des Branchen-GAV anführen. Dieser legt den Arbeitgebenden nämlich nahe, ihre Mitarbeitenden bei einer Weiterbildung zu unterstützen. Insbesondere sollen sich Mitarbeitende zur Erhaltung der beruflichen Mobilität und der Arbeitsmarktfähigkeit weiterbilden können.

Die Weiterbildung kostet rund 15 000 Franken und ist zeitintensiv. Innerhalb von zwei Jahren werde ich insgesamt 40-mal freitags und samstags ganztägig Lehrveranstaltungen besuchen. Es ist unmöglich, dass ich während der Weiterbildung weiterhin zu 100 % im Betrieb arbeite. Was soll ich machen?

Im Branchen-GAV steht, dass der für eine Weiterbildung notwendige Urlaub bzw. die finanzielle Unter­stützung individuell zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter:in vereinbart werden. Ich empfehle dir, eine Weiterbildungsvereinbarung mit deinem Arbeitgeber abzuschlies­sen, in der sowohl die Kostenbeteiligung als auch eine befristete Pensumsreduktion verbindlich geregelt werden.

Mein Arbeitgeber ist bereit, die Kosten der Weiterbildung zu zwei Dritteln zu übernehmen und dies schriftlich zu vereinbaren. Die Weiterbildung kommt auch meinem Betrieb zugute. Müsste die Kostenbeteiligung also nicht höher ausfallen?

Weiterbildungen sind nur notwendig und deren Kosten damit zu ersetzen, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet werden, nicht schon, wenn sie bloss wünschbar sind oder deren Besuch während der Arbeitszeit auf Wunsch der Arbeitnehmerin erlaubt wurde. Nur wenn eine Ausbildung einzig für die Bedürfnisse des Arbeitgebers erfolgt, z. B. zur Bedienung einer speziellen Maschine oder Software, sind die Kosten nach Art. 327a Abs. 1 OR vom Arbeitgeber zu tragen.

Die Vereinbarung sieht auch vor, dass ich mich nach Abschluss der Weiterbildung verpflichte, zwei weitere Jahre im Betrieb zu arbeiten. Verlasse ich die Arbeitsstelle vorher, muss ich gemäss Weiterbildungsvereinbarung einen Teil der Kosten zurückbezahlen. Ist das zulässig?

Ja, es gilt in diesem Zusammenhang die Vereinbarung. Gemäss Bundesgericht ist eine Rückzahlungspflicht der Weiterbildungskosten zu 100 % bei Austritt während des ersten Jahres nach Abschluss und zu 50 % während des zweiten Jahres zulässig (BGE 4A_616/2011).

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