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«Freiwillige» Teilnahme an Anlässen

Ich gelange an Sie, weil mein Arbeitgeber jedes Jahr einen Weiter- und Teambildungsanlass mit anschliessendem gemeinsamem Apéro organisiert. Der Anlass findet jeweils am Samstag statt, damit der normale Betriebsablauf während der Arbeitswoche nicht gestört wird. In der Einladung zum Anlass steht, dass die Teilnahme freiwillig ist und nicht als Arbeitszeit gilt. Der Arbeitgeber erwartet aber, dass alle teilnehmen, und verlangt eine schriftlich begründete Abmeldung. Muss ich am Anlass teilnehmen?

An einem vom Arbeitgeber als freiwillig bezeichneten Anlass können die Arbeitnehmenden teilnehmen oder sie können fernbleiben. Die Situation sieht jedoch wegen der klar geäusserten Erwartungshaltung anders aus. Aufgrund des Machtgefälles im Arbeitsverhältnis gerät die Einladung in die Grauzone zwischen Wunsch und Weisung. Die Grauzone wird verlassen und es liegt definitiv eine Weisung vor, wenn eine Abmeldung nicht akzeptiert wird. Ich empfehle Dir, keinesfalls dem Anlass unbegründet fernzubleiben, sondern Dich entweder abzumelden oder teilzunehmen.

Mein Arbeitgeber vertritt die Meinung, dass für den Anlass keine Arbeitszeit gutzuschreiben ist, da dieser freiwillig sei. Das finde ich nicht richtig, und ich habe dies meinem Arbeitgeber auch gesagt. Dieser lehnt aber kategorisch die Anrechnung als Arbeitszeit ab. Ist das rechtlich zulässig?

Der springende Punkt ist die Freiwilligkeit: Die Teilnahme an einem Anlass muss nicht als Arbeitszeit gutgeschrieben werden, wenn es den Arbeitnehmenden frei steht, fernzubleiben. Akzeptiert der Arbeitgeber Deine Abmeldung aber nicht, so kann nicht mehr von Freiwilligkeit gesprochen werden. Die Einladung wird zur arbeitsrechtlichen Weisung, und die Zeit muss als Arbeitszeit gutgeschrieben werden. Das ergibt sich aus der Bestimmung von Art. 13 Abs. 1 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz, wonach als Arbeitszeit diejenige Zeit gilt, während der sich der Arbeitnehmende zur Verfügung zu halten hat.

Für den Fall, dass der Arbeitgeber meine Abmeldung nicht akzeptieren sollte, möchte ich wissen, wie ich vorgehen muss, damit die Dauer des Anlasses als Arbeitszeit gutgeschrieben wird. Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.

Sollte der Arbeitgeber Deine Abmeldung nicht akzeptieren, so weise ihn darauf hin, dass die Teilnahme in diesem Fall nicht mehr freiwillig, sondern obligatorisch ist. Konfrontiere ihn mit den oben erwähnten Bestimmungen. Sollte der Arbeitgeber sich dann immer noch weigern, Dir die Arbeitszeit gutzuschreiben, dann nimm mit syndicom Kontakt auf. Wir beraten, unterstützen und vertreten Dich gerne.

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