«Keine halben Sachen!»
Die Angestellten auf den Tamedia-Redaktionen von «Bund» und «Berner Zeitung» wehren sich mit dem Manifest «Keine halben Sachen!» gegen die Fusion der noch verbliebenen unabhängigen Redaktionen und dem damit verbundenen massiven Stellenabbau.
syndicom ruft ihre Mitglieder dazu auf, die Aktion «Keine halben Sachen!» zu unterstützen @KeinehalbeSache; keinehalbensachen.ch;
Am 8. April 2021 hat Tamedia den Abbau von rund 20 Vollzeitstellen auf dem Medienplatz Bern bekanntgegeben. Rund ein Drittel der insgesamt 70 Vollzeitstellen auf den Redaktionen von «Bund» und «Berner Zeitung» sollen in den nächsten Monaten gestrichen werden. Betroffen sind alle regionalen Ressorts, die heute unabhängig und mit unterschiedlichen Prioritäten über Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport berichten. Ebenso betroffen ist das technische Redaktionspersonal, zu dem die Fotografinnen, Layouter, Bildredaktorinnen, Textproduzenten und Korrektorinnen gehören.
Die beiden bis heute in den Regionalteilen voneinander unabhängigen Zeitungen sollen künftig von einer fusionierten und drastisch reduzierten Einheitsredaktion produziert werden. Dagegen formiert sich in den Redaktionen von «Bund» und «Berner Zeitung» Widerstand. Die Mediengewerkschaft syndicom unterstützt das Personal bei der Durchsetzung seiner Forderungen. In ihrem Manifest richten die Mitarbeitenden folgende Forderungen an die Geschäftsleitung in Zürich:
- Die Zahl der angekündigten Entlassungen ist zu minimieren. Es ist erste Priorität, möglichst rasch Klarheit zu schaffen, wer vom Stellenabbau betroffen sein wird.
- Alternativ ist ein sozialeres Modell ernsthaft zu prüfen: Würden die 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Pensen um jeweils 20 Prozent reduzieren, entspräche dies dem Gegenwert von 20 Vollzeitstellen.
- Es ist vollständige Transparenz über die tatsächliche Zahl der abzubauenden Vollzeitstellen herzustellen, inklusive der bei der kommunizierten Zahl des Abbaus von 20 Vollzeitstellen bereits berücksichtigten Kündigungen der letzten Monate.
- Es ist vollständige Transparenz herzustellen über die Zeitverträge mit freien Mitarbeitenden, die nicht mehr erneuert werden.
- Für den Fall, dass es zu Entlassungen kommt, muss umgehend der Petition Rechnung getragen werden, die 300 Journalistinnen und Journalisten des Tamedia-Verlages unterzeichnet haben und die eine Verbesserung des geplanten Sozialplanes fordert.
- Wir wollen klar, umfassend und zeitnah über die nächsten Schritte informiert werden.
- Es ist zu prüfen, ob das Festhalten der Brands Bund und BZ gegenüber der Leserschaft ehrlich und redlich ist.
Im Hinblick auf das bei dieser geplanten Massenentlassung vorgeschriebenen Konsultationsverfahren fordert syndicom die Geschäftsleitung von Tamedia dazu auf, ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen und mit den Arbeitnehmenden über Massnahmen zu verhandeln, mit denen Kündigungen vermieden und der Stellenabbau minimiert werden kann. Auch hier steht syndicom an der Seite des Personals.
Tamedia steht als finanzstärkstes Medienunternehmen der Schweiz in der Pflicht, endlich in einen fairen Sozialplan einzuwilligen, der den nicht vemeidbaren Teil des Stellenabbaus abfedert. Jene Angestellte, die entlassen werden, brauchen ausreichende Abgangsentschädigungen, damit sie sich auf dem aktuell harten Arbeitsmarkt für Medienschaffende neu orientieren können. Für die älteren Arbeitnehmenden braucht es annehmbare Lösungen für würdige Frühpensionierungen.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob mit dem fortwährenden Abbau von journalistischer Leistung das Versprechen von Verleger Pietro Supino noch eingehalten werden kann, wonach der Journalismus im Zentrum des Geschäftsmodells von Tamedia stehe. Denn Fakt ist: Seriöser Journalismus lebt von Vielfalt und Inhalten, egal ob gedruckt oder online. Und der wichtigste Grundstein dafür sind genügend Journalistinnen und Journalisten mit fairen Arbeitsbedingungen.