1:12-Initiative: Carsten Schloter droht, syndicom kontert
Die Swisscom hat die Folgen der 1:12-Initiative durchrechnen lassen. Nun droht CEO Carsten Schloter: Würde die Initiative angenommen, müssten die Löhne von rund 5000 Mitarbeitenden angepasst werden. Und zwar, weil die Absenkung der höchsten Löhne auch zu einer Anpassung der darunter liegenden Saläre führen müsste, damit die Abstufung zwischen den Hierarchien bestehen bliebe. Dies sagte er in einem Interview mit der Zeitung «Schweiz am Sonntag» vom 19. Mai.
Wir halten fest: Die Annahme, dass bei der Swisscom alle Mitarbeitenden – vom Konzernchef bis hin zum Mitarbeitenden in der untersten Lohnklasse – einem einzigen Lohnregime unterstellt seien, ist rein theoretisch und darüber hinaus falsch. Es gibt in dem Unternehmen Swisscom keine in sich geschlossene Lohnkurve.
Vielmehr gibt es bei der Swisscom einerseits ein GAV-Lohnsystem mit marktkonformen Löhnen. Andererseits gibt es bei den obersten Kaderlöhnen ein Lohnregime, welches in keiner Art und Weise mit dem GAV-Lohnsystem korrespondiert. Die obersten Kaderlöhne bei der Swisscom orientieren sich weder an der realen Wertschöpfung noch am realen Wachstum des Unternehmens. Sie sind rein ideologisch begründet.
Für den grossen Teil der Löhne der Swisscom-Mitarbeitenden gilt aber etwas anderes: Als die neuen Firmen-Gesamtarbeitsverträge abgeschlossen wurden, hat die Swisscom ihr Lohnsystem neu definiert, wobei syndicom als Sozialpartner einbezogen war. Alle dem GAV unterstellten Funktionslöhne und Funktionsraster wurden einer weitgehend objektiven und differenzierten vergleichenden Analyse (Benchmark) unterzogen. Dieser Prozess erfolgte unter enger Mitwirkung von syndicom und war völlig transparent. Sämtliche Mitarbeitenden wurden anschliessend in die neuen Lohnbänder integriert. Somit sind die GAV-Löhne bei Swisscom in jeder Hinsicht marktkonform und stehen in einem gesunden Verhältnis zur Wertschöpfung des Unternehmens. Dass die GAV-Löhne gekürzt werden könnten, ist eine unrealistische Drohgebärde, der wir bei Annahme der 1:12-Initiative entschieden entgegentreten werden.
Die seit den 80er Jahren dominierende neoliberale Ideologie hat die Reichen reicher und die Armen ärmer gemacht, ganze Staaten durch den Entzug der finanziellen Mittel an den Rand des Ruins getrieben und den Abstand zwischen den obersten und untersten Einkommen überall ins Unermessliche wachsen lassen. Die Folge davon ist, dass der soziale Zusammenhalt in vielen Volkswirtschaften ausgehöhlt wurde. Swisscom-CEO Carsten Schloter hat deshalb Recht, wenn er von der Gefahr des Zerfalls des Zusammenhalts im Lande spricht. Die Annahme der 1:12-Initiative ist aber nicht die Ursache, sondern gerade eines der Rezepte, diesen Zerfall zu verhindern.
Giorgio Pardini, Leiter Sektor Telecom/IT
