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Abbaupläne von Tamedia: Der Widerstand formiert sich

Der Widerstand gegen die epidemischen Abbaupläne von Tamedia formiert sich: Am 19. Februar überreichten 100 KollegInnen des «Landboten» und der Zürcher Landzeitungen den Tamedia-Oberen eine Petition mit hunderten Unterschriften, in der ein «sozialer Sozialplan» gefordert wird – den der Konzern sich auch problemlos leisten kann. 

 

Winterthur, Stäfa, Bülach, Lausanne, Genf, Bussigny: Wir haben in unserer letzten Zeitung über die neuen Abbauvorhaben informiert, mit denen der Tamedia-Konzern seine Gewinnmargen in Fantasiehöhen halten will, koste es Arbeitsplätze und Medienqualität, wo und wie es wolle. In den gesetzlichen Konsultationsverfahren machten die Betroffenen zahlreiche Vorschläge zum Erhalt von Stellen und Qualität beim «Landboten» und den Zürcher Regionalzeitungen. Doch Tamedia stellt sich taub.

Aussprache verweigert

In der Romandie wird sogar jegliches Gespräch verweigert: syndicom und die KollegInnen der Lausanner Druckvorstufe verlangten eine gemeinsame Aussprache über die Vertragsänderungen, mit denen rund 30 Personen dem GAV-Schutz entzogen werden und zum Teil die Arbeitszeit erhöht oder Löhne und Pensen gekürzt werden sollen. Eine individuelle Information genüge, meinen die Tamedia-Verantwortlichen. Sozial­partnerschaft gilt ihnen nichts mehr. Auch nicht im Fall der ungefähr 16 Chauffeure, die in Bussigny und Genf über die Klinge springen müssen. Von den Stellenangeboten bei ­Naville und Morand, die Tamedia in Aussicht gestellt hatte, haben die Betroffenen bis jetzt nichts gehört. Trotzdem verweigert Tamedia auch hier das Gespräch mit syndicom, ein Brief der Chauffeure wurde ebenfalls in diesem Sinne beantwortet.

verhandlung obligatorisch

Mit Macht und Arroganz soll der Stellenabbau in der ganzen Schweiz möglichst billig vollzogen werden. Zu diesem Zweck zauberte das oberste Management einen «Sozialplan» aus dem Hut, der ab sofort im ganzen Konzern angewendet werden soll. Sozialpartnerschaftliche Gepflogenheiten – wie dass ein Sozialplan mit den Gewerkschaften und den Betroffenen verhandelt wird – scheinen die Tamedia-Oberen beim einseitigen Erlass ihres Papiers «vergessen» zu haben, ebenso, dass die auch bei Tamedia geltenden GAV für die Produktionsbereiche und die Redaktionen der Romandie Verhandlungen vorschreiben.

Selbst die Anwendbarkeit des am 1. Januar in Kraft getretenen Gesetzes, das für Grossbetriebe ab 250 Beschäftigten bei mehr als 30 Entlassungen Sozialplanverhandlungen zwingend vorschreibt, wird von Tamedia bestritten. Die juristische Prüfung von syndicom ist im Gang.

Geschlossenes Auftreten der Journalistinnen

Beim «Vergessen und Ignorieren» hat Tamedia vor allem ihre Angestellten unterschätzt: Mit ihrer Petitions-Aktion vom 19. Februar haben die rund 100 KollegInnen von «Landbote», «Zürichsee-Zeitung» und «Zürcher Unterländer» ein erstes starkes Zeichen gesetzt.

So etwas sah man bisher noch selten in der Deutschschweiz: Sie versammelten sich praktisch geschlossen und vollzählig in Winterthur vor dem Sitz der «Landboten»-Redaktion, um den Konzernvertretern klarzumachen, dass der «Asozialplan» nicht geschluckt wird. Die Petition wurde von 443 Personen unterschrieben, unter anderen von zahlreichen Personalkommissionen und Kolleginnen und Kollegen von Tamedia-Standorten in der ganzen Schweiz. Für die jetzt angekündigten Entlassungen fordern sie die Anwendung des Sozialplans 2009 des «Tages-Anzeigers» inklusive der damaligen Frühpensionierungsmodelle. Noch hat Tamedia auf die Petition nicht reagiert. Ein erstes Folgegespräch mit den Personalkommissionen der aktuell betroffenen Zeitungen blieb ohne konkrete Ergebnisse.

Weitere Aktionen, bis Tamedia zuhört

Da Tamedia die Abbau- und Asozialplan-Strategie konzernweit durchboxen will, braucht es koordinierten Widerstand von Personalkommissionen, Angestellten und Gewerkschaften. syndicom kann sich vorstellen, dass ein Konzern-Sozialplan tatsächlich sinnvoll sein könnte – vorausgesetzt, er wäre das Ergebnis von fairen Verhandlungen.

Vor anderthalb Jahren erst hatte Tamedia in einem Gespräch mit Delegierten von Impressum und syndicom jegliches Interesse an einem Konzernsozialplan verneint; der aktuelle Erlass entlarvt ihre damalige Haltung als reine Gesprächsverweigerung.

Weitere Aktionen gegen die Abbauwelle von Genf bis Winterthur und für soziale Sozialpläne werden wenn nötig folgen. Bis Tamedia bereit ist, die Probleme am Tisch zu lösen.

* Leiter Sektor Medien

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