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Ästhetik der staatlichen Gewalt

Drei syndicom-Mitglieder – ein mehrfach preisgekröntes Buch. Am 27. Tag der Typografie geben der freischaffende Grafiker Christof Nüssli und die Fotografen Christoph Oeschger und Klaus Rózsa Einblicke in die Entstehung ihres eindrücklichen Bildbandes – ein kunstvolles Zeugnis schweizerischer Zeitgeschichte. Wir trafen Christof Nüssli zum Gespräch. 

 

syndicom: Was erzählt ihr am Tag der Typografie?

Christof Nüssli: Christoph, Klaus und ich berichten einerseits über die Inhalte des Buches und dessen Gestaltungsprozess, andererseits aber auch über die Ausstellungen dazu im In- und Ausland. Ebenso wollen wir das Bildmaterial mit dem Publikum diskutieren und dessen Aufbau beleuchten. Klaus wird ausserdem dokumentierte Ereignisse aus dem Buch mit Erlebnisberichten kommentieren.

«Miklós Klaus Rózsa», das dritte von dir und Christoph publizierte Buch, macht international gross die Runde. Was macht das Buch so besonders?

Christoph und ich haben uns 2013 zusammengetan und den unabhängigen Verlag Cpress gegründet. Unser Anliegen ist es, Bücher herauszugeben, bei denen Inhalt und Form zusammengehen. Auf dem Markt sehen wir oft schön illustrierte Bücher mit wenig Inhalt oder spannende Texte ohne ästhetische Anreize. Wir wollen aber Gestaltung, Bildmaterial und Text als Gesamtwerk darstellen! Dies ist uns glaub mit «Miklós Klaus Rózsa» ganz gut gelungen. Persönlich fasziniert mich der politisch aktuelle Gehalt des Buches: Die staatlich befugte oder eben unbefugte Überwachung wird ja derzeit mit dem Nachrichtendienstgesetz täglich debattiert. Es ist doch bizarr, dass viele der Nationalräte, die heute für das Nachrichtendienstgesetz stimmen, früher selber durch den Staat fichiert worden sind.

Wie seid ihr bei der Auswahl des Bildmaterials vorgegangen?

Christoph Oeschger ­kannte ­Rózsa und seine bewegte Geschichte. Wir waren überwältigt von seinem umfangreichen, sorgfältig angelegten Fotoarchiv und wollten die Bilder in Kombination mit den Staatsschutzakten unbedingt an die Öffentlichkeit bringen. Klaus hat uns mit dem Schlüssel zu seinem Archiv die «Carte Blanche» gegeben und uns viel Vertrauen geschenkt. Zusammen mit Christoph habe ich die 3000 Akten und Tausende von Negativen ganz in Ruhe durchgehen können. Schliesslich haben wir 1800 Bilder eingescannt. 450 Fotos montierten wir dann letztlich über die Staatsschutzakten.

Euer Buch hat international abgeräumt – mit welchen Auszeichnungen?

Wir wurden für den «Aperture First Photo Book Prize» nominiert. Zudem ist das Buch als eines der «schönsten deutschen Bücher 2014» ausgezeichnet worden und erhielt die Bronzemedaille der «schönsten Bücher aus aller Welt». An verschiedenen Ausstellungen wurde unser Buch ausserdem mit Interesse diskutiert. Während den Arbeiten an unserem Buch haben wir gemerkt, dass gerade im Ausland grosses Interesse an unserem Projekt besteht. Staatliche Überwachung und Krawalle mit der Jugendbewegung – und das in der Schweiz! Das kam für das Ausland überraschend. Aber auch wir haben nicht mit so viel Beachtung für unser Projekt gerechnet.

Arbeitest du bereits an einem nächsten Buch?

Ab Oktober bin ich während zehn Monaten im Rahmen des Studio Roma, eines Stipendiums des Istituto Svizzero, in Rom tätig, wo ich mich neuen Projekten zuwenden werde. Ich freue mich sehr auf diese Zeit!

• 27. Tag der Typografie,
7. November 2015 im Südpol Luzern. www.typo-online.ch

• Verlag von Christof Nüssli und Christoph Oeschger:
www.cpress.ch

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