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An der Wiege schriftlicher Überlieferung

Schier lautlos bewegen sich vier oder fünf Besuchergruppen durch den schönsten Rokoko­saal der Schweiz. Der Blick streift an der riesigen Erdkugel vorbei und verliert sich im leicht abgedunkelten Raum, in dem über die Höhe zweier Etagen Abertausende Bücher warten. Die Frage nach dem geheimen Ordnungsprinzip schwirrt im Kopf der syndicom-Frauen: nach Alphabet oder mittels ausgeklügelter Nummernvergabe? An Zettelwirtschaft mag niemand glauben. Dennoch ist es eine Kombination all dieser Möglichkeiten: im Schrankgiebel prangen Buchstaben, die einzelnen Bereiche folgen alphabetischer Ordnung. Die ultimative Feinarbeit geschieht mit handschriftlichen Notizen auf winzigen und farblich unterschiedlichen Zettelchen. Dies funktioniert so seit vielen Jahren.

Die Gründung des Benedikti­ner­klosters St. Gallen im Jahre 612 wird dem irischen Mönch Gallus zugeschrieben. Das Kloster ist längst Geschichte, die Stiftsbibliothek wurde 1983 ins Weltkulturerbe aufgenommen. Als «Seelen-Apotheke» bezeichnet ein in griechischer Sprache gehaltenes Schild den Schatz und trifft damit ins Schwarze. Denn die Mönche des St. Galler Klosters forschten um die Geheimnisse ihres Menschseins, in gesundheitlicher, psychischer, feinstofflicher Sicht. Die Himmelskörper, Jahreszeiten und Elemente gehörten dazu. Erste medizinische Forschungen galten den menschlichen Körperflüssigkeiten.

Das Kloster diente den Reichen der Stadt als Elite-Internat, war Spital und Aderlass-Haus. Der alte Plan der Bauten und Einrichtungen zeigt, dass auch Tierhaltung und Ackerbau betrieben wurden. An Buchdruck war noch lange nicht zu denken: bis um das Jahr 1000 entstanden Bücher aus Abertausenden mit Feder und Tusche fein von Hand kalligrafierten Zeichen.

Der über zwei Meter hohe Himmelsglobus bildet den Endpunkt der Besichtigung. Dass die Umrisse von Kontinenten und Ländern einen leisen Hauch Unbeholfenheit erkennen lassen, erstaunt nur wenig. Vielmehr fragt sich die Betrachterin, wie zur Zeit der Entstehung im 16. Jahrhundert diese perfekte Kugelform getroffen wurde. Das Original steht heute im Landesmuseum in Zürich.

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