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Asylgesetz: «Nein, so nicht!»


Einstimmig und diskussionslos hat der syndicom-Zentralvorstand am 27. April die Nein-Parole zur dringlichen Asylgesetz-Revision vom 9. Juni beschlossen, der mittlerweile achten Verschärfung des schweizerischen Asylrechts. Schon im letzten Herbst hatten wir die Unterschriftensammlung gegen die Revision unterstützt, und bis Mitte Januar waren 63 000 Unterschriften beisammen, trotz Winter, (Vor-)Weihnachtszeit und Neujahr, trotz entschiedener Ablehnung seitens der SP und anderer grosser Verbände. Worum geht es bei unserem Nein am 9. Juni?

 

Zuallererst: Die Massnahmen, über die abgestimmt wird, sind bereits in Kraft. Sie müssten bei einem Nein rückgängig gemacht werden. Das erlaubt uns schon heute Einblicke in die praktischen Folgen dieser Revision: Das Botschaftsverfahren wurde abgeschafft und dafür ein humanitäres Visum eingeführt, das nicht funktioniert. Ganze 4 Personen konnten bis heute davon profitieren.

 

Es handelt sich laut BFM-Statistik um etwas mehr als 500 Flüchtlinge, die so jährlich um ihr Recht, zu überleben, gebracht wurden. Und es sind bei weitem nicht nur die EritreerInnen, die vom Parlament gleichsam «abgeschossen» wurden. In den Beratungsstellen häufen sich die verzweifelten Anrufe von Bekannten und Angehörigen syrischer Flüchtlinge: Da die Schweizer Botschaft in Syrien seit einem Jahr geschlossen ist, mussten diese sich in eines der umliegenden Länder durchkämpfen. Nun sitzen sie fest und kommen gar nicht mehr in die Botschaft. «Das Botschaftsverfahren ist abgeschafft», heisst es – und falls es jemand dennoch schafft: «Wir können euch als Flüchtlinge nicht mehr anerkennen. Und die Kriterien zur vorläufigen Aufnahme erfüllt ihr nicht, denn ausserhalb Syriens seid ihr ja ausser Gefahr.» So einfach.

 

Es geht um Kriegsdienstverweigerer, Deserteure, Menschen also, die nicht auf die eigenen Leute schiessen wollen: Indem sie neuerdings kein Asyl mehr erhalten, überlassen wir sie ihrem Schicksal. Schon wieder ein paar Hunderte. Auch hier wurde versprochen, dass die vorläufige Aufnahme Abhilfe schaffen würde.

 

Die vorläufigen Aufnahmen sind aber ausgerechnet seit der Inkraftsetzung der Änderungen im Gesetz um einen Drittel zurückgegangen, anstatt anzusteigen. Auch hier ein paar Hunderte. Übrigens auch hier EritreerInnen. Und ja: Es sind tatsächlich ein paar hundert weniger. Und falls sie dann doch vorläufig aufgenommen würden? Sie hätten einfach noch weniger Rechte beim Familiennachzug, noch weniger Chancen bei der Arbeits- und Wohnungssuche – und so weiter und so fort.

 

Am 9. Juni geht es auch darum, Lager zu bauen – vorerst für eine «Testphase» –, in denen ein Grossteil der Asylsuchenden während der Dauer ihres Verfahrens darben und zur Verfügung stehen müssen. Um die Verfahren zu beschleunigen. Zu diesem Zweck werden auch noch verkürzte Rekursfristen eingeführt. Wer sich dagegen wehrt, kommt offenbar, wie man vom Hörensagen weiss, in ein Renitenten-Lager, und 700 neue Ausschaffungszellen müssen auch her.

 

Wie gehen wir mit Menschen um, die unsere Hilfe suchen, wo bleibt unser Aufschrei, unsere Empörung? Am 9. Juni haben wir die einmalige Chance, hinzuschauen, was die Massnahmen bewirkt haben, über die wir abstimmen. Und darum sagen wir umso bestimmter: Nein, so nicht!

 

Salvatore Pittà, Präsident Migrationskommission syndicom

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