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Dem Bundesrat Beine machen

Mit der Einberufung der Medienkommission unter der Leitung von Otfried ­Jarren kommt hoffentlich etwas Wind in die parlamentarische Diskussion um die Medienkrise. Eine Einschätzung von Nationalrat Hans Jürg Fehr.

Der Bundesrat hat sich bisher immer standhaft geweigert, eine Medienpolitik zu gestalten, die diesen Namen verdient. Er gab sich zufrieden mit der Regulierungskompetenz im Bereich Radio und Fernsehen, die Presse überliess er anspruchslos den Marktkräften, und mit dem neuen Massenmedium Internet verfährt er ebenso. Selbst der bescheidenen Presseförderung über die Posttarife versucht er gerade jetzt wieder den Garaus zu machen. Sie soll im Rahmen des Sparprogrammes KAP ersatzlos gestrichen werden, obwohl das Parlament sie vor zwei Jahren finanziell sogar aufgestockt hat und unbefristet weiterführen will.

Parlament im zähen Streit mit der Regierung

Das ist typisch für den Bundesrat, es ist aber auch typisch für das Parlament: Es wird die beantragte Streichung der Presseförderung ablehnen, wie es die Schlussfolgerungen abgelehnt hat, die der Bundesrat aus den von ihm selbst in Auftrag gegebenen Studien zur Medienvielfalt zog. Die Landesregierung übernahm damals die wissenschaftlichen Ergebnisse, wonach der Markt bei der Versorgung der Bevölkerung mit einem demokratiegerechten Medienangebot zunehmend versagt, wollte ihm aber noch einmal vier Jahre Zeit lassen, um die Mängel zu beheben. Das ist wie ein Auftrag an die Zigarettenindustrie, den Lungenkrebs zu bekämpfen. Während der Bundesrat also seiner traditionellen Devise des Nichtstuns treu blieb, beharrte das Parlament auf seiner politischeren Position.

Die Regierung soll ihm ein Konzept vorlegen, das aufzeigt, wie in der Schweiz eine demokratiegerechte Medienordnung aussehen würde und welche Massnahmen es brauchen würde, um sie (wieder) herzustellen. Das Parlament zwingt den Bundesrat also, die Ärmel hochzukrempeln. Diese Konstellation ist zwar nicht unbedingt ideal, aber sie ist der Realität angemessener als das bundesrätliche ­Laissez-faire.

Und hier kommt nun die neue Medienkommission ins Spiel. Sie soll dem Bundesrat das beschaffen, was er selbst nicht hat: Sachkompetenz und Ideen. Es ist deshalb richtig, dass sie als ExpertInnenkommission agieren soll, als Beratungsorgan und nicht als prä-politisches Gremium. Das lässt die Hoffnung und Erwartung zu, dass sie weniger ideologisch operiert als die Regierung und dass sie eine integrierte Medienpolitik entwirft, die diesen Namen verdient.

Massenmedien sind politisch zentral

Diese integrierte Medienpolitik muss vom Ziel der Demokratiegerechtigkeit her gedacht und entwickelt werden und sie muss alle vier Massenmedien (Radio, TV, Presse, Internet) umfassen. Die Schweiz ist eine direkte und föderalistische Demokratie. Sie braucht auf allen Staatsebenen einen informierten und entscheidungsfähigen Souverän.

Im Prozess der Meinungs- und Willensbildung spielen die Massenmedien eine zentrale Rolle. Sie müssen den Bürgerinnen und Bürgern in der gebotenen Vielfalt und Qualität zur Verfügung stehen, damit diese die ihnen zukommende Aufgabe wahrnehmen können. Eine demokratiegerechte Medienpolitik hat mit der richtigen Kombination von Regulierung und Markt dafür zu sorgen, dass dieses unverzichtbare journalistische Angebot produziert werden kann.

Hans Jürg Fehr ist SP-Nationalrat und syndicom-Mitglied.

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