Artikel

Den Dammbruch verhindern

Die rechtsbürgerlichen Vorkämpfer für eine Arbeitsgesellschaft, in der alle rund um die Uhr verfügbar sein müssen, werfen uns derzeit beinahe täglich vor, wir würden eine «absurde bürokratische Massnahme» verteidigen. Wirklich absurd sind nur die lebensfremden Beispiele, die sie zur Argumentation bemühen, wie Bratwurst und Cervelat. 

 

Oder der Wohnwagenfahrer, der um 3 Uhr nachts dringend WC-Papier braucht und «wegen der abgedeckten Auslage» nicht erhält. In der Realität würde er wohl eher die Toilette des Tankstellenshops aufsuchen, statt seinen Camper zu verstinken.

Damit gilt auch für das WC-Papier, was für die Tiefkühlpizza gilt: Der Verkauf dieser Produkte mitten in der Nacht entspricht nicht einem dringenden gesellschaftlichen Bedürfnis. Ein solches Bedürfnis muss laut Arbeitsgesetz ausgewiesen sein, wenn vom Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot abgewichen werden soll. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass die Feuerwehr nachts Feuer löschen darf und die Apothekerin um 2 Uhr morgens Medikamente verkaufen kann.

Bis vor kurzem war es in Bundesbern für die Regierungs- und Parlamentsmehrheit selbstverständlich, dass der Nachtverkauf von Tiefkühlpizza, Putzmittel und Zehnerkartons Bier keinem dringenden Bedürfnis entspricht. Erst das massive ­Lobbying der Tankstellenshop-Betreiber (darunter Migros und Coop, die mit Migrolino und Coop Pronto auf Expansionskurs sind) liess die Parlamentarier abrücken von dem wichtigen Prinzip, dass gesundheitsschädliche Nachtarbeit und familienunfreundliche Sonntagsarbeit in unserer Gesellschaft strikte Ausnahmen bleiben sollen.

Das wäre ein Dammbruch

Damit wird erstmals in einem einzelnen Segment des Detailhandels der 24-Stunden-Betrieb empfohlen. Das ist alles andere als bedeutungslos. Das ist ein Dammbruch. Andere Händler werden umgehend Gleichbehandlung mit den Tankstellenbetreibern verlangen.

Im Parlament sind die Vorstösse schon lanciert. Die Grünliberalen verlangen, dass alle Geschäfte mit Verkaufsfläche unter 120 m² rund um die Uhr öffnen dürfen. Begründet wird diese massive Ausweitung der Nachtarbeit mit der nun vorgeschlagenen Änderung des Arbeitsgesetzes: Was den Tankstellenshops gewährt wird, soll auch Quartierläden möglich sein.

Damit würde unnötige Nachtarbeit zum Normalfall – mit all ihren negativen Folgen für die Gesundheit und das Sozialleben der betroffenen ArbeitnehmerInnen. Die Aushöhlung des Arbeitnehmendenschutzes und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen können wir bereits jetzt stoppen: Mit ­einem Nein am 22. September.

* Thomas Zimmermann, Leiter Kommunikation SGB

Informiert bleiben

Persönlich, rasch und direkt

Du willst wissen, wofür wir uns engagieren? Nimm Kontakt zu uns auf! Bei persönlichen Anliegen helfen dir unsere Regionalsektretär:innen gern weiter.

syndicom in deiner Nähe

In den Regionalsekretariaten findest du kompetente Beratung & Unterstützung

Jetzt Mitglied werden