Der Nationalrat will keine Transparenz bei Medienunternehmen
Sollen ParlamentarierInnen Beteiligungen an Medienunternehmen offenlegen? Eine knappe Mehrheit des Nationalrats will davon nichts wissen. Dagegen war auch Christoph Blocher, Chef-Einflüsterer bei der «Basler Zeitung». Er lässt das Blatt seit Neustem in Zürich drucken.
Monatelang hatte Christoph Blocher eine finanzielle Beteiligung an der «Basler Zeitung» (BaZ) abgestritten. Im Herbst 2010 wurde Moritz Suter als Eigentümer präsentiert, der beteuerte, die BaZ mit eigenen Mitteln gekauft zu haben. Nach Suters Abgang im Dezember 2011 zeigte sich jedoch, dass Blocher doch über ein kompliziertes Konstrukt am Unternehmen beteiligt war. Auch heute noch hat er das Sagen, offizieller Besitzer aber ist der Tessiner Financier Tito Tettamanti.
Solche Versteckspiele verhindern wollte SP-Nationalrat Beat Jans (BS) mit einer Motion, die am 22. März im Nationalrat behandelt wurde. Mitglieder des Parlaments, die mindestens 5 Prozent eines Medienunternehmens besitzen, sollten dies offenlegen müssen, forderte Jans. Bereits öffentlich aufgelistet sind die Mandate von Parlamentsabgeordneten in Führungs- und Aufsichtsgremien. «Es kann doch nicht sein, dass wir verpflichtet werden, bei den Interessenbindungen das Präsidium eines Kaninchenzüchtervereins anzugeben, während wir nicht angeben müssen, wenn wir Medienunternehmen kontrollieren», sagte Jans in der Debatte.
CVP-Nationalrat Jakob Büchler (SG) entgegnete, die Offenlegung von Beteiligungen einzelner Ratsmitglieder schaffe nicht zwingend Transparenz. Zudem sei die Grenzziehung, was als Medienunternehmen zu gelten habe, schwierig. Die knappe Mehrheit des Nationalrats folgte Büchler und lehnte die «Lex BaZ» mit 88 zu 79 Stimmen ab. Die CVP war gespalten, stimmte aber mehrheitlich mit der (fast geschlossenen) SVP und FDP gegen die Motion. Die Grünliberalen waren mit der Linken dafür. Auch im Saal war übrigens SVP-Nationalrat Christoph Blocher, der – wen wunderts? – gegen Transparenz votierte.
Inzwischen geht die Zerschlagung des einst stolzen Unternehmens Basler Zeitung Medien weiter. Ende März hat die Druckerei dicht gemacht, 74 Mitarbeitende wurden auf die Strasse gestellt. Sie erhalten eine Abgangsentschädigung von 400 Franken pro Dienstjahr – kein goldener, sondern höchstens ein Fallschirm aus Papier.
Seit dem 1. April wird die «Basler Zeitung» in Zürich bei Tamedia gedruckt. Dies führt zu einem Serviceabbau. So ist der Redaktionsschluss der Erstausgabe neu 15 bis 30 Minuten früher, was zu einem Verlust an Aktualität führt. Ein Beispiel: Die Resultate des FC Basel in der Champions League sind anderntags nicht mehr in der ganzen Auflage der BaZ zu finden, weil die Spiele oft erst kurz vor 23 Uhr enden. Dies dürfte die Heimwehbasler in jenen Regionen schmerzen, welche die Erstausgabe zugestellt bekommen. Die Konkurrenz wird sich freuen.
* Stefan Boss, freier Journalist, war von 1999 bis 2011 Redaktor der «Basler Zeitung».