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Desaster bei der Paketpost

Es sind kritische bis wütende Reaktionen, die viele Paketboten für die neue Arbeitszeitberechnung der Paketpost übrig haben: «Ich arbeite jeden Tag Stunden gratis» und «Die reinste Sklaventreiberei!» sind zwei Aussagen, die im Rahmen einer aktuellen Umfrage von syndicom gemacht wurden. Nach dem überdeutlichen Umfrageergebnis erklärt sich die Post bereit, mit den Sozialpartnern und Postboten die Arbeitszeitberechnung neu zu diskutieren. 

 

Bei der Umfrage haben 579 von 1600 Paketboten mitgemacht. Bereits die hohe Beteiligung zeigt, dass ein grosses Bedürfnis besteht, die Arbeitszeitberechnung «AZB 2.0» zu thematisieren. Die Resultate der Umfrage sind erschreckend und zeigen den dringenden Handlungsbedarf seitens PostLogistics.

Faktische Gratisarbeit
Mit 63 Prozent findet eine grosse Mehrheit, dass ihre Arbeitszeit gar nicht oder nur teilweise gerecht erfasst wird. Dies hat klare Gründe. Die Zeit, die Paketpostboten für die Paketzustellung zur Verfügung haben, ist sekundengenau definiert. In vielen Fällen genügt diese Zeit nicht. Der Stress ist schon jetzt für viele Paketboten enorm hoch, und er wächst ständig. Wer länger braucht, wird als zu langsam eingestuft. So entsteht der Druck, diese Zeit nicht aufzuschreiben ... Manchmal sind es mehrere Stunden pro Woche, die unbezahlt bleiben.

Sofort Unterzeit
Nicht nur die nicht-vergütete Arbeit ist das Problem. Falls auf einer Tour weniger Pakete anfallen als geplant, wird die verfügbare Arbeitszeit entsprechend gekürzt und die Postboten fallen in Unterzeit. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Post das unternehmerische Risiko zu einem gewissen Teil auf die Angestellten abwälzt. Dies ist bei über der Hälfte der Befragten ein Problem. Umgekehrt profitieren schnelle Mitarbeitende nicht von guter Leistung, sondern schreiben Minusstunden.

«Seit der Einführung habe ich überhaupt keine Übersicht mehr und keine Ahnung, ob das alles stimmt.» (Bemerkung aus der AZB-Umfrage)
«AZB ist Akkordarbeit.» (Bemerkung aus der AZB-Umfrage)

Schwer verständlich
Nur ein Viertel ist der Auffassung, dass sie sich zur Wehr setzen können, wenn sie mit der berechneten Arbeitszeit nicht einverstanden sind. Ein Grund dafür ist, dass das System für über 60 Prozent nicht nachvollziehbar ist. Hier besteht ein grosser Bedarf an zusätzlicher Transparenz und Erklärungen seitens der Vorgesetzten.

«Wenn ein Kunde länger mit uns redet, sind wir praktisch gezwungen, auf dem Scanner Pause zu drücken. Wo bleibt da Kundenfreundlichkeit?» Bemerkung aus der AZB-Umfrage

Dienstleistung leidet

Wenn die Boten gehetzt werden, hat das Auswirkungen auf den Kundenservice. Wer ein Paket entgegennimmt, stellt häufig fest, dass der Paketbote bereits daran ist, den Abholschein auszufüllen. Wenn der Empfänger nicht schnell genug an der Tür erscheint, wird er nur noch den Zettel vorfinden und muss das Paket am Folgetag auf der Poststelle abholen. Das steht im Gegensatz zum Service-public-Gedanken.

Um den Druck auf die Post weiter zu erhöhen, hat syndicom eine Petition gestartet. Die Mitglieder, die als Paketboten arbeiten sind aufgerufen, möglichst viele Kolleginnen und Kollegen zum Unterzeichnen zu bringen, damit wir gestärkt in diese Verhandlungen gehen können.

Aktiv werden
Die Petition fordert eine faire Arbeitszeiterfassung und dass die Post diese gemeinsam mit den Sozialpartnern und MitarbeiterInnen ausarbeitet. Mitglieder, die in diesem Bereich arbeiten, können sich aktiv in diesen Prozess einbringen.

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