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Die Drückeberger

Zum ersten Mal hätten sich die Exponenten der grossen Zeitungsdruckereien der Diskussion mit ihren Betriebskommissionen und den Gewerkschaften stellen wollen. Doch zwei Tage vor der vereinbarten Verhandlungsrunde sagten die Vertreter der NZZ-, Ringier-, Tamedia- und AZ-Druckereien ab.

 

Die Gesprächsverweigerung der Zeitungsdruckereien ist ein Affront: Nicht nur gegenüber den Betriebskommissionen, die bereit waren, die ins Stocken geratenen Verhandlungen wieder in Gang zu bringen, sondern sogar gegenüber den vier anwesenden Delegierten des Arbeitgeberverbands Viscom, die den absurden Forderungen stellvertretend Nachdruck verleihen sollten.

Andernfalls drohen einige Zeitungsdruckereien offenbar mit ihrem Austritt aus dem Verband, aber persönlich für ihre Forderungen einstehen können sie nicht. Trotz dieser beleidigenden Geringschätzung bewiesen die BeKo-Präsidenten ihren guten Willen und gaben den Viscom-
Delegierten ihre Argumente mit auf den Weg, auf dass sie versuchen mögen, die Zeitungsverleger zur Vernunft zu bringen.

Absurde Forderungen
ohne Not

Diese leiden ja weder unter der Frankenstärke – denn Zeitungen werden kaum exportiert und aus Zeitgründen auch nicht im Ausland gedruckt – noch stecken sie in einer Existenzkrise, die viele Akzidenz-Druckereien tatsächlich bedroht. Trotzdem wollen sie noch mehr Gewinne auf Kosten ihrer Angestellten.

42 Stunden soll die normale Arbeitswoche zählen, und die Zuschläge sollen so empfindlich gekürzt werden, dass den Einzelnen über 1000 Franken monatlich fehlen können.

Einige Zahlenbeispiele:

• 500 bis 900 Franken weniger nur durch die Senkung der Nachtzuschläge von 60 oder 90% auf nur noch 40% (zum gesetzlichen Zeitzuschlag von 10%).

• Gratisarbeit im Wert von 200 bis 300 Franken durch Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden.

• Bis über 300 Franken Lohnverlust durch Streichung der extra Pausenentschädigung, wenn der Arbeitsplatz nicht verlassen werden kann.

• 100 und mehr Franken Verlust durch Streichung der Mahlzeitenzuschläge und der Vermögensbildung.

• Hunderte von Franken könnte zudem die Streichung der Besitzstandwahrung kosten.

Die Gesprächsverweigerung und die unverschämten Forderungen der Zeitungsdrucker stellen eine Geringschätzung der Kolleginnen und Kollegen dar, die in der Nacht arbeiten. Sie lässt uns auch zweifeln, ob der Viscom überhaupt einen GAV will oder nur noch nach der Pfeife der Branchenriesen tanzt. Das anberaumte Treffen der Betriebskommissionen mit den Zeitungsdruckereien war das wichtigste Ergebnis der zweiten Verhandlungsrunde zur Erneuerung des Gesamtarbeitsvertrags zwischen syndicom/Syna und Viscom am 26. August gewesen. Umso penibler ist, dass es nun nicht zustande gekommen ist.

Frühpensionierung bleibt auf dem Tisch

Denn trotz des weniger angespannten Klimas als im Juni waren sich die Sozialpartner in anderen Punkten auch Ende August nicht näher gekommen. Und trotz vehementen Widerstands der Unternehmer bestanden die Gewerkschaften auf ihrer Hauptforderung: dem Frühpensionierungsmodell, das nicht nur realisierbar, sondern dringend notwendig ist. Um die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser vor Arbeitslosigkeit zu schützen, aber auch, um den Nachwuchs zu sichern. Damit die Jungen nach der Lehre in der Branche einen Arbeitsplatz finden und weiterarbeiten können.

Viscom hatte zu Beginn der Verhandlung offen erklärt, dass die Forderungen der Arbeitgeber einen massiven Abbau des GAV nach sich ziehen würden. Die Einführung der 42-Stunden-Woche als Normalarbeitszeit und die Herabsetzung der Zuschläge für Nachtarbeit auch in den Zeitungsdruckereien (die wir als Urheber der Forderungen vermuten) seien allerdings wegen der «schwierigen Situation in der Branche» gerechtfertigt.

Keine chinesischen Verhältnisse!

syndicom wehrt sich weiter entschieden gegen solche Angriffe auf die Arbeitsbedingungen. Die Probleme der Branche werden nicht auf dem Buckel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelöst! Die nächste GAV-Verhandlungsrunde findet am 30. September statt.

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