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Die zweite Säule steht auf wackeligen Füssen

Gewinnmaximierung der Versicherungskonzerne

 

Währenddem der aktiven Generation immer mehr Prämiengelder abgezapft werden und der Mindestumwandlungssatz zu ihren Lasten drastisch gesenkt werden soll, verdienen sich die Privatversicherer mit ihren Vorsorge-Sammeleinrichtungen goldene Nasen. Ungeachtet des Anlageerfolges und der Fähigkeit unzähliger Experten, wird der Privatassekuranz mit staatlichem Segen 10% ihrer Bruttoeinnahmen garantiert mit dem Resultat, dass den Versicherten Jahr für Jahr rund 600 Millionen Franken weggenommen werden um so die Gewinne der Versicherungskonzerne zu maximieren.

Die über 2200 autonomen Pensionskassen generieren zudem Verwaltungs- und Administrativkosten in Milliardenhöhe. Wie der SP-Oekonom Rudolf Strahm 2012 errechnete, wurden im Jahre 2011 den Pensionskassen für die Vermögensverwaltung und die Bezahlung externer Berater 3,9 Milliarden und für die Administrationskosten zusätzlich 1,8 Milliarden Franken verrechnet. Diese enorme Summe von 5,7 Milliarden Franken entspricht rund 19% aller jährlichen Renten- und Kapitalauszahlungen sämtlicher Kassen. Dass die Abrechnung der BVG-Beiträge den KMU dreimal höhere Administrativkosten beschert als die Abrechnung der AHV-Prämien, hat der Schweizerische Gewerbeverband in einer von ihm in Auftrag gegebener Studie belegt. Viele Pensionskassen geraten durch Schwankungen und Unsicherheiten auf dem Kapitalmarkt und durch globale Wirtschaftskrisen immer wieder in finanzielle Schieflagen und können eine volle Deckung der Rentenansprüche ihrer Versicherten kaum mehr garantieren.

Deshalb ist die Abstimmung über die BVG-Revision im Jahre 2010  infolge mangelnder Transparenz und der offensichtlichen Selbstbedienungsmentalität, sowie wegen mangelndem Vertrauen in die Anlagepolitik und in die Finanzmärkte mit 73% Nein-Stimmen verworfen worden.

Geldanlagen in schmutzige Geschäfte
Die  BVG-Renten werden mittels Kapitaldeckungsverfahren finanziert. Das bedeutet, dass die Pensionskassengelder auf dem Kapitalmarkt gewinnbringend angelegt werden müssen und deshalb naturgemäss riesigen Schwankungen und Unsicherheiten unterworfen sind. Von moralischen und ethischen Bedenken im Zusammenhang mit der Anlagepolitik wird kaum gesprochen. Dabei fliessen Pensionskassengelder in Milliardenhöhe via Hedgefonds in Rüstungsbetriebe, Atomkraftwerke und weltweit tätige Rohstoffhandelsbetriebe. Und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass uns eine Mitschuld trifft, wenn beispielsweise der Rohstoffgigant Glencore mit Sitz in Zug durch ihre Tochterfirma Mopani in einer Kupfermine in Sambia Raubbau an Mensch und Natur betreibt um ihre Gewinne noch mehr in die Höhe zu treiben und damit zusätzlich die Geldgier ihrer Aktionäre befriedigt. Es  ist hinlänglich bekannt, dass multinational tätige Firmen in Schwellen- und Entwicklungsländern Menschenrechte verletzen und die Gewerkschaften durch äusserst repressive Methoden daran hindern, eine Besserstellung für die unterdrückte Arbeiterschaft zu erreichen. Bekannt ist auch, dass der Börsenwert einer Firma sprunghaft in die Höhe schnellt, wenn durch sogenannte Restrukturierungsmassnahmen die Personalkosten durch einen massiven Stellenabbau minimiert werden.

Stimme aus dem bürgerlichen Lager
Christian Wanner, ehemaliger freisinniger solothurnischer Finanzdirektor und Präsident der Finanzdirektorenkonferenz, äusserte sich kürzlich in der Zeitung „Nordwestschweiz“ über die Finanzierung der Pensionskassen. Als Nationalrat war er einer der bürgerlichen Vertreter, die bei der Einführung der zweiten Säule, zusammen mit der Versicherungslobby und unter gütiger Mitwirkung von sozialdemokratischen Parlamentariern, das Kapitaldeckungsverfahren gegen das von der PDA bevorzugte Umlageverfahren durchgeboxt haben. Wörtlich sagt heute Christian Wanner in seiner Kolumne: „ Es ist aus heutiger Sicht zwar müssig  der Vergangenheit nachzutrauern, obwohl das Umlageverfahren seine eindeutigen Vorteile gehabt hätte. Nur einer davon sei erwähnt: Wir hätten weniger Milliarden anlagesuchendes Kapital, das irgendwo investiert werden muss oder teilweise an der Börse verloren geht.“

Die AHV stärken
Der SGB sollte meiner Ansicht nach den Fokus markanter auf den Umbau der zweiten Säule zugunsten der ersten Säule richten, um damit die AHV für die Zukunft nachhaltig zu stärken. Mit der Volksinitiative AHVplus ist ein erster Schritt in diese Richtung getan. Als längerfristige Zielsetzung sollte jedoch der SGB in seinem Positionspapier „Soziale Sicherheit“ klar deklarieren, die auf dem Umlageverfahren finanzierte AHV so auszubauen, dass den künftigen RentnerInnengenerationen mit einer allesumfassenden Volkspension die in der Bundesverfassung verankerte „Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise“  garantiert werden kann.


Heinz Thommen

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